Frag doch den Undertaker

Bestattungspflicht, Bestattungspflichtiger, Bestattungsberechtigter

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bestattungspflichtBestattungspflicht ist die gesetzliche Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß ein Verstorbener ordentlich bestattet wird.
In Deutschland geben Ländergesetze (Bestattungsgesetze der Bundesländer) entsprechende Richtlinien vor.
Die Totenfürsorgepflicht entspringt dem Gewohnheitsrecht und beinhaltet auch weitreichende Rechte, wie z. B. das Recht, über Bestattungsart und Grab zu bestimmen, sowie z. B. Strafanzeigen wegen Störung der Totenruhe oder Grabschändung zu erstatten.

Der Bestattungspflichtige kann, muß aber nicht identisch sein mit der zur Kostenübernahme verpflichteten Person.


*Wer ist bestattungspflichtig?
*Ersatzvornahme durch Ordnungsamt
*Verpflichtung zur Kostenübernahme
*Krankenkasse, Sozialhilfeträger
*Literaturliste
*Anhang

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Wer ist bestattungspflichtig?

Wie erwähnt, gibt es leichte Unterschiede von Bundesland zu Bundesland. Man kann aber grob davon ausgehen, daß die Bestattungspflicht folgender Auflistung folgt:

* 1. der Ehegatte (in einigen Bundesländern auch der Lebenspartner nach dem LPartG)
* 2. die volljährigen Kinder
* 3. die Eltern
* 4. andere nahe Angehörige

Die Bestattungspflicht besteht auch dann, wenn die Bestattungspflichtigen die Erbschaft (z. B. wegen Überschuldung oder weil sie mit dem Verstorbenen zerstritten waren) ausschlagen.
Grundsätzlich ergibt sich die Bestattungspflicht aus dem Familien- oder Verwandtschaftsverhältnis und hat nichts damit zu tun, ob man dem Verstorbenen nahe stand oder ob man ihn unter ungünstigsten Umständen vielleicht überhaupt nicht kannte.

Ein rechtlicher Betreuer (§ 1896 BGB) ist nicht verpflichtet, die Bestattung des früheren Betreuten zu veranlassen (außer im Bundesland Sachsen aufgrund einer dortigen Sonderregelung).

Ersatzvornahme durch Ordnungsamt

Wird eine Bestattung, aus welchen Gründen auch immer, nicht zeitnah durchgeführt oder steht zu erwarten, daß das nicht geschieht, etwa weil keine Angehörigen bekannt sind oder diese sich weigern, kann das zuständige Ordnungsamt als Ortspolizeibehörde zum Zwecke der Seuchenhygiene eine Ersatzvornahme der Bestattung zwangsweise anordnen. Die Kosten werden dann vorerst von der Kommune übernommen. Diese wird in der Regel versuchen, Bestattungspflichtige ausfindig zu machen und denen die Kosten in Rechnung zu stellen.
Im Falle einer bewußten Weigerung kann auch im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens ein Bußgeld verhängt werden.

Verpflichtung zur Kostenübernahme

Ein wichtiger Aspekt ist dabei, daß der Bestattungspflichtige auch derjenige sein kann, der die Kosten der Bestattung zu tragen hat, dies muß aber nicht zwangsläufig der Fall sein! Insbesondere aufgrund des Erbrechts (§ 1968 BGB: „Der Erbe trägt die Kosten der Bestattung des Erblassers.“) führt oft dazu, daß aufgrund der oben geschilderten Regelungen Person A der Bestattungspflichtige ist, während Person B als Erbe die Kosten zu tragen hat.
Zu berücksichtigen ist dabei, daß Testamente oft erst Tage oder gar Wochen nach der Bestattung eröffnet werden und sich die Verpflichtung zur Kostenübernahme daher oft überraschend auf eine völlig andere Person, als vorher angenommen, verlagert.

Grundsätzlich muß derjenige, der zur Kostentragung verpflichtet ist, demjenigen der die Kosten tatsächlich getragen hat, etwa der Ordnungsbehörde, die Kosten erstatten.

„Sind die Beerdigungskosten vom erben nicht zu erlangen, trifft denjenigen die Kostentragungspflicht, der dem Verstorbenen gegenüber unterhaltspflichtig war (§ 1615, § 1615m BGB). Für den Fall, dass eine andere Person für den Tod des Verstorbenen verantwortlich war, sind Erbe bzw. Unterhaltspflichtiger berechtigt, von dieser Person die Bestattungskosten zurückzuverlangen (§ 844 BGB). Eine verschuldensunabhängige Sonderregelung für tödliche Unfälle im Straßenverkehr enthält das Straßenverkehrsgesetz (§ 10 StVG).“

Die von Laien oft als „unwürdige Totenentsorgung“ verurteilte Praxis der Ordnungsbehörden, Verstorbene unter extrem kostengünstigen Bedingungen beizusetzen (z. B. Beisetzung im Urnenmassengrab o. ä.) rührt u. a. aus dem Umstand her, daß sich die Ordnungsbehörden hinterher oft mit zahlungsunwilligen Hinterbliebenen auseinandersetzen müssen und sich von vornherein nicht dem Vorwurf aussetzen wollen, im Zuge der Ersatzvornahme verschwenderisch gehandelt zu haben.

Krankenkasse, Sozialhilfeträger

Anders als früher zahlen die Krankenkassen kein Sterbegeld mehr. Wenn alle Zahlungspflichtigen nicht in der Lage sind, die Kosten zu übernehmen, also mittellos sind, übernimmt auf entsprechenden Antrag hin das örtliche Sozialamt die notwendigen Kosten einer einfachen und würdigen Bestattung (§ 74 SGB XII).

„Ausgewählte Rechtsprechung zu § 74 SGB XII (vor dem 1. Januar 2005 § 15 BSHG):

Anspruchsberechtigt ist nach § 15 BSHG derjenige, der gem. § 1968 BGB verpflichtet ist, die Kosten der Bestattung zu tragen (OVG Münster, NJW 1998, 2154), also der Erbe (BVerwG, NJW 1998, 1329).

Fehlender Kontakt zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen entbindet nicht von der Bestattungspflicht: OVG Lüneburg, Beschluss vom 9. Juli 2002, 8 PA 94/02; VG Koblenz, Urteil vom 14. Juni 2005, 6 K 93/05; Urteil des VGH Mannheim vom 19. Oktober 2004, 1 S 681/04; VG Karlsruhe, Urteil vom 10. September 2001, NJW 2002, 3491.

Der Bestattungspflichtige hat dann die Kosten der Beerdigung nicht zu tragen, wenn es unzumutbar ist. Dies entscheidet sich nach allgemeinen Billigkeitsgrundsätzen: Wurde etwa der Bestattungspflichtige vom Verstorbenen schwer misshandelt und ist dies beweisbar, ist es dem Bestattungspflichtigen nicht zumutbar, für ein würdiges Begräbnis zu zahlen (VG Koblenz, Urteil 5K 3706/03.Ko vom 30. Juni 2004).

Die Kosten der Beerdigung eines Sozialhilfeempfängers, die zu tragen sich zunächst ein Freund aus moralischen Gründen verpflichtet hatte, werden ihm vom Sozialamt nicht erstattet, da es für ihn keine rechtliche Verpflichtung zur Bestattung gab: VG Aachen Az.: 2 K 1862/04.

Ein Krankenhausträger kann regelmäßig die Übernahme der Kosten für die Bestattung von Patienten verlangen, die im Krankenhaus mittellos verstorben und deren Angehörige nicht zu ermitteln sind: BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 – 5 C 2. 03.

Die Leiterin eines Alten- und Pflegeheims braucht für die Kosten der Bestattung eines früheren Heimbewohners nicht aufzukommen, wenn sie eine solche Verpflichtung nicht ausdrücklich vertraglich übernommen hat: VG Trier Az.: 2 K 522/06.TR.

Notwendige Bestattungskosten ergeben sich aus der örtlichen Friedhofssatzung: VGH Mannheim, NVwZ 1992, 83. Sofern die örtliche Friedhofsordnung einen Grabstein vorschreibt, wird dessen Anschaffung in angemessenem Umfang gestattet, VGH Mannheim, FEVS 1992, 380. Auch die Ausstattung der Trauerhalle und des Grabes mit Blumen muss bescheiden sein: OVG Lüneburg, FEVS 33, 251.

Kosten der Grabpflege zählen nicht zu den zu erstattenden Bestattungskosten: Landessozialgericht NRW, L 20 B 63/06 SO NZB vom 21. September 2006; Bayerischer VGH, Beschluss vom 8. Dezember 2003, 12 ZB 03.3098; BVerwG, Urteil vom 24. März 1977 , Az: II C 61.73 im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1961, Az: II C 150.59.

Gegen die Übernahme der Kosten der Überführung eines Leichnams ins Ausland hat sich das OVG Münster (FEVS 42, 27) ausgesprochen; das OVG Hamburg (NJW 1992, 3118) erkennt sie ausnahmsweise an, wenn am Sterbeort keine Beerdigung nach islamischem Brauchtum möglich und üblich ist.

Die Übernahme der Kosten für eine Todesanzeige hat das VG Düsseldorf (ZfSH/SGB 1987, 325) abgelehnt; dagegen hat das VG Göttingen – 2 A 2523/97 – den Sozialhilfeträger verpflichtet, wenigstens die Kosten für eine bescheidene Anzeige in der örtlichen Tageszeitung zu übernehmen.

Bedürftige Angehörige können unter Umständen auch die Kosten der Trauerkleidung ersetzt verlangen (OVG Lüneburg, FEVS 33, 251). Die Trauerkleidung kann zum notwendigen Lebensunterhalt gehören, wenn aus Anlass des Todes eines nächsten Angehörigen der ernsthafte Wunsch besteht, der Trauer auch nach außen durch Trauerkleidung Ausdruck zu verleihen (Hessischer VGH, FEVS 41, 33).“

Literaturliste

* Müller: Die Kosten der Bestattung im Zivil- und Steuerrecht; DStZ 2000, 329
* Müller: Die Bestattung auf Kosten des Sozialhilfeträgers
* Paul: Wer ist Verpflichteter i.S. des § 15 BSHG (<a href="http://bestatterweblog.de/bestattungskosten/" title="Infos zu Bestattungskosten" target="_blank">Bestattungskosten</a>), ZfSH/SGB 2002, 73
* Stelkens/Cohrs: Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht; NVwZ 2002, 917
* Spranger: Der Umfang der Kostentragungspflicht nach § 15 BSHG; ZfSH/SGB 1998, 334
* Stockert: Bestattung durch den Betreuer; BtPrax 1996, 203
* Zeiss: <a href="http://bestatterweblog.de/bestattungskosten/" title="Infos zu Bestattungskosten" target="_blank">Bestattungskosten</a> mittelloser Personen - Kostenerstattung an Krankenhausträger; ZfSH/SGB 2002, 67

Anhang

Da die Regelungen, wer Bestattungspflichtiger und Kostenübernahmeverpflichteter ist, von Land zu Land variieren, gebe ich einmal beispielhaft die Regelungen für Hamburg wieder:

„Zur Regelung der Bestattung sind nach § 10 Bestattungsgesetz die Angehörigen verpflichtet,

und zwar gemäß § 22 Abs. 4 des Bestattungsgesetzes nacheinander in folgender Reihenfolge:

  1. der Ehegatte,
  2. die ehelichen und nichtehelichen Kinder,
  3. die Ehegatten der ehelichen und nichtehelichen Kinder,
  4. die Stiefkinder,
  5. die Ehegatten der Stiefkinder,
  6. die Enkel,
  7. die Ehegatten der Enkel,
  8. die Eltern,
  9. die Geschwister,
    1. die Stiefgeschwister,
    2. die Großeltern,
    3. die Verschwägerten,
    4. die Kinder der Geschwister,
    5. die Geschwister der Eltern,
    6. die Kinder der Geschwister der Eltern,
    7. die Verlobte/der Verlobte,
    8. die Lebensgefährtin/der Lebensgefährte.

Sind mehrere Personen einer Rangfolge vorhanden, so hat der ältere Angehörige das Vorrecht vor dem jüngeren Angehörigen.

Die Sozialdienststelle wird nur tätig, wenn niemand die Bestattung des Verstorbenen veranlasst. Sobald irgendjemand die Bestattung in Auftrag gibt, kann keine Bestattung nach § 10 Bestattungsgesetz mehr durchgeführt werden.

Nur wenn niemand tätig wird, und eine Bestattung nach § 10 Bestattungsgesetz veranlasst werden muss, gewinnt die Reihenfolge an Bedeutung. Der in der Reihenfolge am höchsten stehende Bestattungspflichtige hat die Kosten zu erstatten.

Hinweis:
Die Pflicht, die Bestattung zu regeln, hat grundsätzlich nichts damit zu tun, die Bestattung auch zu bezahlen. Wer die Bestattung bezahlt, ist im BGB geregelt, nämlich der Erbe bzw. der unterhaltspflichtige Angehörige.

Sofern der Erbe nicht tätig wird und ein Angehöriger die Bestattung regelt, so hat dieser Angehörige keinen Anspruch nach § 15 BSHG, sondern muss die Kosten der Bestattung beim zur Tragung der Kosten Verpflichteten (hier beim Erben) geltend machen.“

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