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Die Fee der Nacht -37-

Petermann stand wie erstarrt und ließ das Bild der jungen Frau auf sich wirken. Gleichzeitig nahm er zwei Bewegungen wahr. Von der anderen Seite des Hauses näherte sich eine schemenhafte Gestalt in der er seinen Freund Jojo erkannte und oben am Fenster tauchte hinter Nathalie Ex-Minister Brockhagen auf.
Brockhagen wirkte sehr aufgeregt, zerrte an Nathalies Schulter und schien ihr Vorhaltungen zu machen. Die junge Frau blieb ungerührt stehen und blickte weiter in die Dunkelheit, so als ob sie das alles nichts anginge oder als ob sie es gar nicht mitbekommen würde.
In der rechten Hand hielt der Minister ein kleines Funkgerät, das Pendant zu dem, das Petermann auf dem Hochstand bereits kennengelernt hatte.
Immer wieder drückte Brockhagen den Sprechknopf und sprach in das Gerät, lauschte dann und man konnte sehen, daß er danach aufgeregt schimpfte. Offenbar war er alarmiert, weil sich Ignaz nicht mehr melden konnte, denn der lag ja im Kofferraum von Petermanns Wagen.
Mimi Brockhagen, die Frau des Ministers, tauchte ebenfalls im Lichtschein am Fenster auf. Petermann hätte alles dafür gegeben, wenn er nur einige Worte von dem was da oben gesprochen wurde, hätte verstehen können. Petermann konnte zwar die Stimmen aus dem Haus hören, weil eines der großen Schiebefenster etwa 20 Zentimeter weit aufgeschoben war, aber mehr als das war nicht drin. Das Rauschen der Blätter machte es unmöglich, auch nur das Geringste zu verstehen.
Aber selbst wenn er hätte von den Lippen lesen können, bleibt es fraglich, ob er etwas hätte ablesen können, denn Mimi Brockhagen sprach nur mit zusammengekniffenen Lippen und versteinertem Gesicht.

Jojo hatte sich bis auf wenige Meter an Petermann angenähert und der Kommissar legte den Zeigefinger vor die Lippen.

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Als der Journalist ganz bei Petermann angekommen war zig ihn der Kommissar weiter unter den Vorbau an dem sich das erleuchtete Talfenster befand. „Na? Irgendwas Besonderes?“ fragte der Kriminalbeamte flüsternd.
Wobei Flüstern nicht das richtige Wort ist. Petermann murmelte nur leise, weil er die Erfahrung gemacht hatte, daß richtiges Flüstern die Zischlaute zu sehr verstärkte und besser und weiter gehört werden konnte, als wenn man nur leise murmelte.
Jojo schüttelte den Kopf. „Da ist nichts. Nur ein paar vergitterte Fenster, hinter denen es dunkel ist. Rein kommt man in die Burg auf jeden Fall nicht.“

Petermann sagte nichts weiter, sondern zog Jojo einfach an der Jacke hinter sich her zur Garage, an der er vor wenigen Minuten vorbei gekommen war. Als sie dort angekommen waren, deutete Petermann auf eine schmale, lange Aluleiter, die hinter den Fahrzeugen über sorgfältig aufgehängtem Werkzeug an der Wand hing.
„Nathalie ist hier. Sie steht oben am Fenster und ich habe außer ihr nur noch Brockhagen und seine Frau gesehen. Vor der Fensterfront da oben ist eine kleine umlaufende Balustrade. Die geht auch noch ein Stück seitlich am Haus vorbei. Wenn wir die Leiter da vorne an der Seite anlegen, könnte einer von uns da hoch und versuchen zu hören, was die da drin sprechen.“

„Und der eine von uns, laß mich mal raten, das bin dann ich?“ fragte der Journalist, wartete aber keine Antwort ab.
Er schlich in die Garage und nahm ganz sachte die Leiter von den Haken und war überrascht, wie leicht sie war. Mit nur einer Hand konnte er die Leiter über dem Kopf drehen und beim Herausgehen aus der Garage nahm er noch einen ölverschmierten Lappen mit, der auf einem Reifenstapel an der Seite lag.

„Willste noch ’nen Ölwechsel machen?“ fragte Petermann seinen Begleiter, doch der grinste nur und wickelte den Lappen um das obere Ende der Leiter, damit diese an das Fassade kein Geräusch machte, als er sie neben der Balustrade an die Wand lehnte.
„Monsieur! Sie zuerst!“ sagte der Journalist und machte eine einladende Handbewegung.

„Nee, nee, nix da!“ brummte Petermann: „Du glaubst doch wohl kaum, daß ich mit Dir zusammen auf das dünne Ding da steige. Du hast es schon richtig erkannt: Du bist derjenige, der da hoch geht, also los!“

Wenige Sekunden später lehnte der Journalist Joachim Joswig, mit einem Fuß auf der Leiter und dem anderen auf der Balustrade stehend, mit dem Oberkörper an der Wand direkt neben dem offenstehenden Fenster. Er konnte zwar nicht in das Zimmer sehen, jedoch konnte er jedes Wort das dort gesprochen wurde, laut und deutliche verstehen.
Und das was er hörte, das gab der ganzen Geschichte eine ganz neue Wendung.

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Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: | Peter Wilhelm 8. Juni 2012

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Guido (ibo77)
11 Jahre zuvor

Trotz Geburtstag ein weiterer Teil, Danke schön 🙂

Big Al
11 Jahre zuvor

Spannung!

simop
11 Jahre zuvor

Noch eine! *heul* Ich habe keine Fingernägel mehr… die einen weggeknabbert, die anderen an der Klippe hängen geblieben….

Gray
Reply to  simop
11 Jahre zuvor

Das müsste bei (an diesem Punkt) jetzt schon 37 cliffhangern aber schon vor einiger Zeit der Fall gewesen sein 😉

turtle of doom
Reply to  simop
11 Jahre zuvor

Brauchst du eine Bastelanleitung für neue Nägel? 🙂

11 Jahre zuvor

Und das was er hörte, das gab der ganzen Geschichte eine ganz neue Wendung.

Ach was
wäre ich without this daily cliff
hanging around 🙂

Ich fürchte, diese Geschichte darf niemalz aufhören, die Entzugssymptomatik träfe mich allzu heftig.

Bakenfreu auf die Fortsetzung

Inga
11 Jahre zuvor

Och nö!!! Meine F5-Taste ist schon sowas on ausgeleiert und jetzt hat sie wieder harte Stunden vor sich, weil ich vor lauter Spannung ständig nachschauen muß, ob es Teil 38 schon gibt. Tom, das ist so fies… immer diese Klippen *nägelknabber*!

Lochkartenstanzer
11 Jahre zuvor

Danke!

nox
11 Jahre zuvor

typo:
Als der Journalist ganz bei Petermann angekommen war zig ihn – zog?

mfg

Beremor
Reply to  nox
11 Jahre zuvor

„Als der Journalist ganz bei Petermann angekommen war, zog ihn der Kommissar weiter […]“

Alwin E.
11 Jahre zuvor

Dem Joswig soll am Ende der nächsten Folge die Leiter wegkippen, sodass er sich mit den Fingernägeln am Fenstersims festkrallen muss. Dann haben wir mal einen ECHTEN Cliffhanger.

Funeralis-Fan
11 Jahre zuvor

Wenn Tom interaktiv arbeitet, dann wird der Journalist tatsächlich von einer kippenden Leiter überrascht und hängt dann an der Balustrade.

Folge 38: der Komissar versucht eine neue Leiter aufzutreiben, hat jedoch keinen Erfolg. Ende der Geschichte: der Journalist kann sich nicht mehr lange halten…
Folge 39: Zufällig hat ein Nagelstudio um die Ecke auf. So erhält Petermann zumindest zahlreiche neue Fingernägel. EInige davon wirft er zu seinem Freund hoch, die anderen gibt er Tom, der sie an die Mitleser hier verteilt…

11 Jahre zuvor

Moah ist das schon wieder Spannend..meine gesamte weitere Existens ist vollkommen sinnlos, wenn ich nicht erfahre, wie es weitergeht..

Erfurter Puffbohne
11 Jahre zuvor

Ich hoffe sehr, dass die Geburtstagsfeier von Toms Junior inspirierend auf den „Alten“ wirkt, *breitgrins*;-) und es nach dem Wochenende weiter geht, und wir endlich erfahren, ob Jojo von der Leiter fällt? *Entschuldigung*:-)

Engywuck
11 Jahre zuvor

was mir gerade (wieder) auffällt:
„Mimi Brockhagen, die Frau des Ministers,“
Ist das dieselbe wie im Schlager „ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“?

11 Jahre zuvor

oh, eine ganz neue Wendung?
😀




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