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Die Fee der Nacht -41-

Bei der nächsten Gelegenheit würde er sich aufsetzen und sofort dem Mann am Steuer seine Hände mit den Handschellen um den Hals legen und ihm mit der Kette den Kehlkopf eindrücken und ihn so lange nach hinten ziehen, bis er sich nicht mehr rührte. Nur eines stand dem Vorhaben noch im Weg, die hohe Geschwindigkeit des Wagens.
Ignaz lauschte auf jedes Geräusch des Fahrzeuges und wartete nur darauf, daß die Drehzahl des Motors herunterging und man das Verlangsamen des Wagens spüren konnte. Irgendwann mußten vor dem Chevrolet überholende Fahrzeuge oder eine Baustelle auftauchen und der Fahrer müßte langsamer fahren. Vielleicht machte er aber auch bald eine kurze Pause um sich zu erleichtern. Jedenfalls würde Ignaz sofort zuschlagen, sobald die Gelegenheit günstig wäre.

Joswig spielte an den Knöpfen des alten Radios, als vor ihm große gelbe Warnlichter vor einer Nachtbaustelle warnten. Aus der Dunkelheit tauchte ein orangefarbener Lastwagen auf, der rechts auf dem Seitenstreifen stand und dessen großes Blinkschild Tempo 80 vorschrieb. Einige hundert Meter weiter verengte sich die Fahrbahn von drei Spuren auf eine Spur ganz rechts und ab da galt Tempo 60.

Ignaz bemerkte, wie die Automatik des schweren Wagens etwas ruckelig herunter schaltete und stützte sich auf seinen linken Ellenbogen.

„Ach Du Scheiße!“ schimpfte Joswig in diesem Moment und sagte zu sich selbst: „Da bin ich einmal mitten in der Nacht auf der Autobahn und dann sperren die die wegen so eines Scheißbaggers! Zeit für eine Pinkelpause!“

Der Mann auf dem Rücksitz grinste zufrieden und merkte, wie Joswig nach rechts zog und offenbar die Abfahrt zu einem Parkplatz ansteuerte.
Wenn der jetzt anhält, dann mach ich ihn tot, dachte Ignaz.

Im Hubschrauber schloß Kommissar Petermann die Augen als der Pilot die Maschine nach rechts kippen ließ. Petermann wurde gegen Tür und Fenster gedrückt und hatte trotz des schlechten Wetters eine gute Sicht auf die Lichter einer Ortschaft unter ihm. Als der Hubschrauber wieder geradeaus flog, kramte der Kommissar sein Handy aus der Tasche und begann eine Kurznachricht einzutippen.

Im Chevrolet hatte Ignaz jeden Muskel seines Körpers angespannt. Wie ein Raubtier lauerte er auf den richtigen Moment. Jojo hatte erkannt, daß sich weiter vorne die Autos stauten und zum Stillstand gekommen waren. Im Schein vieler gelber Blinklichter, die sich auf den regennassen Oberflächen noch vielfach widerspiegelten, kreuzte ein großer, schwerer Bagger die Autobahn. Das würde bestimmt nicht lange dauern, dachte Joswig und als er gesehen hatte, daß es in der Baustelle eine Abfahrt zu einem kleinen Parkplatz gab, hatte er sich entschlossen, den Chevrolet dort hin zu steuern und austreten zu gehen.
Der V8-Motor Motor des Chevrolet blubberte satt und gleichmäßig ruhig, der Wagen rollte nur noch und der Journalist suchte eine freie Stelle zwischen den vielen Lastwagen, deren zugezogene Gardinen an den Fahrerkabinen zeigten, daß dahinter Trucker sich zur Nachtruhe begeben hatten.
Nur noch wenige Plätze waren frei, die meisten davon eng und kurz, zu klein für den großen Wagen des Kommissars, den Jojo steuerte.

Ignaz setzte sich vorsichtig auf und duckte sich hinter der Rückenlehne zusammen. Die Finger seiner Hände hatte er verschränkt, die Kette der Handschellen war straff gespannt. Sobald das Auto stillstand, würde er sie von hinten über den Kopf des Fahrers werfen.

Joswig bremste den Wagen noch weiter ab…

Kommissar Petermann tat sich schwer, im schwachen Lichtschein der Bordbeleuchtung des Hubschraubers die richtigen Tasten zu treffen und so dauerte es ziemlich lang, bis er die wenigen Sätze eingetippt hatte. Er empfand dieses Eintippen von Kurzmitteilungen als sehr lästig, umständlich und anstrengend. Aber er wollte Joachim Joswig noch mitteilen, daß er an der alten Kurklinik auf der Lauer liegen würde, vielleicht dauerte der Einsatz da oben am Marienberg ja so lang, daß der Journalist noch rechtzeitig dazu stoßen konnte.
„So, jetzt noch absenden“, murmelte der Kommissar und drückte die entsprechende Taste.

Auf dem Parkplatz rollte der Chevrolet aus. Jojo hatte einen passenden Platz neben einem polnischen Kühllaster gefunden. Mit einem leichten Ruck bliebt der Chevrolet etwas in der Federung schwingend stehen und genau in dieser Sekunde ertönte an Jojos Handy das SMS-Signal, Ignaz stürzte sich nach vorne und wollte Jojo die Kette über den Kopf und um den Hals legen, doch der Journalist hatte sich in genau dem selben Moment zur Seite gebeugt um einen Blick auf das Handy auf dem Beifahrersitz werfen zu können.

Ignaz hatte sich so angespannt und so viel Schwung genommen, daß er über die Rücklehne des Fahrersitzes nach vorne schnellte und seitlich auf Joswig landete.
Der hatte in Bruchteilen einer Sekunde kapiert, was vorging und schlug mit beiden Händen auf den Hünen ein, der schwer auf ihm lag und kaum eine weitere Bewegung zuließ.

Ignaz grunzte und schnaubte wie ein Schwein, als er sich zur Seite wandte und mit aufgerissenen Augen ganz über die Rücklehne nach vorne rutschte und mit beiden Händen Jojos Hals ergriff.

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Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 12. Juni 2012 | Peter Wilhelm 12. Juni 2012

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11 Jahre zuvor

Meine Fingernägel…..

Beremor
Reply to  AssistantBLfH
11 Jahre zuvor

Hast noch Zehennägel.

simop
Reply to  Beremor
11 Jahre zuvor

Nein, die sind auch schon weg… *anderSChreibtischkantekauend*

The Darkfuneral
11 Jahre zuvor

Undertaker du kannst als zweitberuf folterknecht nehem das kannst du sehr gut uns auf die folter spannen. 🙂

Konni Scheller
11 Jahre zuvor

Nicht übel. Aber ich bezweifle, ob diese Geschichte auch nur einen Bruchteil der Wirkung hat, wenn man sie am Stück liest.

TOM, da hast du noch sehr viel Arbeit, die dann umzuschreiben.

Wer weiß? Vielleicht ist auch diese Art des Fortsetzungsromans („Der Frauenarzt von Bischofsbrück“ wird zu „Der Bestatter und der Cop“) die Zukunft?

Glückwunsch!

Bernd Böttinga
Reply to  Konni Scheller
11 Jahre zuvor

Das sehe ich nicht so.
Ich erkenne, dass der Autor sehr viele beschreibende Elemente weglässt, offenbar um die Spannungsbögen kurz zu halten. Normalerweise würde man viel mehr die Eigenheiten von Gegenständen, Personen, Häusern und Fahrzeugen beschreiben.
Stimmungen würden feiner ausgearbeitet
Wenn das alles noch hineinkommt und gewisse Inkonsistenten ausgeräumt werden, dann heisst es: Aber Hallo!
Eine durch und durch spannende Geschichte, wie sie so kaum einer so mal eben aus dem Handgelenk schreiben kann.

Meine grosse Hochachtung vor dem schriftstellerischen Talent dieses Autors.

Geradezu lächerlich sind da die Punkte, die manche hier vorbringen. Der Autor hat wohl darum gebeten, nehme ich an.
Aber das sind Kleinigkeiten. Die Vorlagen für die meisten ARD-Tatorte sehen dagegen aus wie Dreck.

Eine in sich spannende und klasse Story. Grosses Kompliment!

11 Jahre zuvor

Drama Baby, Drama!

Eben ist (rly) neben uns auf dem Sportplatz ein gelber Christoph gelandet und nach einiger Zeit des Einladens wieder gestartet.

War es der reanimierte Jojo, war es Petermann, der den Höhenkollpas erlitt, war es Ignaz, dem Jojo das Chevylenkrad um den Hals gewickelt und die Handschellen in den Rachen gestopft hat?

Morgen werden wir mehr wissen, und neue Fragen werden uns quälen ….

Fabi
11 Jahre zuvor

Die Stelle, bei der Petermann gegen die Tür des Hubschraubers gedrückt wird, kann so nicht stimmen. Wenn ein Hubschrauber in die Kurve geht, pendelt er aus. Für die Passagiere gibt es deshalb keine seitlichen Kräfte, selbst wenn der Hubschrauber 30° schräg in der Luft hängt. Die Flugbewegungen sind kaum zu spüren, so lange der Pilot nicht irgendwelche Kunstflugmanöver macht.

Kenny
Reply to  Fabi
11 Jahre zuvor

Dann bist du noch nicht oft Hubschrauber geflogen, das merkt man 🙂

67inchabove
11 Jahre zuvor

Hallo zusammen!

Spannende Geschichte und ich fiebere auch immer der Fortsetzung entgegen… Ich glaube aber, dass Hubschrauberpiloten nur nach Sicht fliegen können und somit bei Dunkelheit und schlechtem Wetter nicht fliegen. Gibt’s da jemanden, der es besser weiß?

Gruß, 67inchabove

sakasiru
Reply to  67inchabove
11 Jahre zuvor

Also Rettungspiloten fliegen auch mal bei Dunkelheit, man wird halt die Landestelle nach Möglichkeit gut ausleuchten. Bei schlechtem Wetter kommts drauf an, wie schlecht das Wetter und wie gut der Pilot ist bzw was er verantworten will.

Hermine Blau
Reply to  67inchabove
11 Jahre zuvor

Also wir wohnen in der Nähe von einem Flugplatz und da starten und landen auch nachts Hubschrauber. Das kann also nicht stimmen wie du das sagt.

Biks
Reply to  67inchabove
11 Jahre zuvor

Vor langer Zeit (in den 80ern) hatte ich mal Gelegenheit ein Nachtsichtgerät für Hubschrauberpiloten auszuprobieren. In einem völlig abgedunkelten Raum, in dem mit bloßem Auge fast nichts mehr zu erkennen war, konnte man sich damit gut orientieren. Für einen Blick nach draußen, wo eine schwache Straßenlaterne stand, musste das Gerät fast komplett abgeblendet werden, da es sonst viel zu hell war, Heutzutage werden die Geräte sicher noch weit besser sein.

Mort
11 Jahre zuvor

Och nö. Ich finde das immer so lächerlich, wenn in Büchern immer genau im richtigen Augenblick genau das Richtige passiert. Im echten Leben hätte die SMS vermutlich Jojo mitten in der Fahrt verwirrt und ihn in die Baustelle fahren lassen. Oder er hätte sie erst irgendwann nach der Fahrt überhaupt mitbekommen, weil viele Handys so leise sind und leicht vibrieren, dass man’s im Auto gar nicht mitbekommen kann. Aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass nach einer ganzen Weile Fahrt/Flug die SMS genau in der richtigen Millisekunde kommt und dann auch noch wahrgenommen wird und die richtige Reaktion auslöst? Bei dem Glück sollte Jojo Lotto spielen, vermutlich würde er 3x nacheinander alleine den Jackpot gewinnen…

NarrowBorder
11 Jahre zuvor

Och nö. Ich finds langsam lächerlich wie jeder meint er müsse an der Story herum mäkeln.
Wenn nicht dies und das in dem Moment passieren würde, dann würde es nicht in die Geschichte rein gehören.
Das sind Märchen die Tom uns da erzählt. Da kann man sich drauf einlassen oder man lässt es bleiben.
Hier herum mäkeln ob Hubschrauber nachts überhaupt fliegen können, aber glauben, daß Mr. Spock sich beamen lassen kann.
Hier meckert eine dass Petermann Platz- und Höhenangst hat. Meine Oma hat Fußpilz und Krebs und Alzheimer.
Das hat doch mit gerechtfertigte Kritik nichts mehr zu tun, das ist doch die Suche nach der Stecknadel.
Typisch deutsch übrigens, was mir als Norweger besonders auf fällt.

Nicht einfach mal zurücklehnen und geniessen können, sondern nur hinter her sein, auch den geringsten Fehler zu entdecken und das auch da wo keine sind.
Das machen die Deutschen nicht weil sie so perfekt sind sondern weil sie ihr eigenes Nichts können immer da durch kaschieren, dass sie auf die angeblichen Fehler des anderen hinweisen.

Reply to  NarrowBorder
11 Jahre zuvor

Hey, Narrow Border,

zum einen empfinde ich deine Kritik als gerechtfertigt. Akribisches Haar-in-der-leckeren-und obendrein! kostenlosen-Suppe-Suchen ist dämlich, schließlich handelt es sich beim Fall Brockhagen um Fiktion.

Zum anderen jedoch betonst du mit dieser Aussage your Narrow Border or Horizon, respectively:

Das machen die Deutschen nicht weil sie so perfekt sind sondern weil sie ihr eigenes Nichts können immer da durch kaschieren, dass sie auf die angeblichen Fehler des anderen hinweisen.

Nichts geht über ein gepflegtes Pauschalurteil 🙂

Vorzüglichst,
Bakenfalter




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