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Frag den Bestatter

Grabplatte darf Verwesung nicht behindern

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Mindestens einmal pro Monat erreichen mich Fragen zu Grabsteinen. Exakte Aussagen, die auch noch allgemeingültig wären, kann ich da in den meisten Fällen nicht machen, zu unterschiedlich sind die Bestimmungen auf den einzelnen Friedhöfen.

Heute berichten verschiedene Medien über ein aktuelles Urteil
Schauen wir uns mal den Bericht bei Spiegel-online an:

Skurriler Gerichtsbeschluss

Unter der Überschrift: „Witwer darf Leichenverwesung nicht verzögern“ berichtet der SPIEGEL von einem Witwer aus Norddeutschland der nun laut Gerichtsbeschluss die große Grabplatte auf der letzten Ruhestätte seiner Frau wieder entfernen lassen muß. Der Stein lasse zu wenig Luft durch und verhindere dadurch die fristgerechte Verwesung der Leiche.

Damit sich ein Leichnam in der Erde zersetzen kann, ist ein gewisses Bodenklima notwendig. Dieses darf nicht zu nass und nicht zu trocken sein und vor allem sollte die Erde nicht so kompakt und luftundurchlässig sein, daß der Boden nicht mehr durchlüftet wird.
Deshalb sind bei etwas schlechteren Bodenverhältnissen zumeist solche Grababdeckungen untersagt, die den Boden komplett abdecken. Es kann weder genug Regenwasser ins Grab eindringen noch findet ein Luftaustausch statt.
Zwar sind die Auswirkungen auf das einzelne Grab u.U. gar nicht so gravierend, aber wenn solche Platten einmal zugelassen sind, wird es so kommen, daß viele solche wählen und dann die entsprechenden Probleme auftauchen.
Deshalb sind sie auf den entsprechenden Friedhöfen grundsätzlich untersagt.

Es kann aber auch durchaus sein, daß die Satzung Platten erlaubt, die wenigstens ein Drittel oder ein Viertel des Grabes frei lassen. Das hängt dann immer vom jeweiligen Friedhof ab.

Auf den meisten Friedhöfen muss der Steinmetz vor der Aufstellung des Grabmales eine maßstabsgerechte Zeichnung des Steins bei der Verwaltung einreichen und genehmigen lassen. Die Kommunen kassieren dann bis zu 200 Euro Grabmalgenehmigungsgebühr dafür.
So albern das klingt und manchmal auch ist, so wirkungsvoll ist dieser Behördenakt. Es wird ja zuverlässig verhindert, daß ein teurer Grabstein gefertigt und aufgestellt wird, der hinterher nicht genehmigungswürdig ist.

Offenbar hat der Mann im vorliegenden Fall diese Genehmigung nicht gebraucht oder dagegen verstoßen.
Jedenfalls hat er gegen die Friedhofssatzung verstoßen, die klar aussagt, daß solche Platten nicht gestattet sind.
Wer so etwas tut, der muß dann natürlich in Kauf nehmen, daß man darauf drängen wird, die Platte wieder zu entfernen.
Skurril ist das Urteil jedenfalls nicht. Solche Fälle kommen immer wieder vor.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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In „Frag den Bestatter“ findest Du meine Antworten auf Fragen von Leserinnen und Lesern. Diese Fragen sind zum Teil Inhalte Dritter, die mich tagtäglich auf den verschiedensten Wegen erreichen. Es handelt sich also um meist nicht bearbeitete und nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfte Fragen Dritter. Für die Fragen sind allein die Übersender der Mitteilungen verantwortlich. Ich mache mir die Aussagen nicht zu eigen.
Ich erteile Auskünfte ausschließlich aufgrund meiner Erfahrung und erbringe keine Rechts-, Steuer- und Medizinberatung.

Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 28. Juni 2012 | Peter Wilhelm 28. Juni 2012

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10 Kommentare
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Salat
13 Jahre zuvor

@Name: ich glaube, den Behörden geht es weniger um einen lebenden Menschen als vielmehr um das tote Geld. Allerdings 40 Jahre Grabpacht plus -pflege mal gerade so eben vorzustrecken, das überlegt man sich bestimmt.

Salat

Michael
13 Jahre zuvor

Nun im Spiegel steht das sich die Verwesung um 10 Jahre in die Länge ziehen würde, wäre es da nicht einfach 10 Jahre zuzukaufen und alle sind zufrieden? Das Grab einfach für 40 Jahre buchen.

Ruud van Saaro
13 Jahre zuvor

Da muss aber jemand da sein, auf dessen Namen und Kosten die weiteren Jahre laufen. Ehepartner überleben sich selten länger als 40 Jahre. Es sei denn man heißt Simone und der Mann Jopi (und selbst hier wirds immer enger, solang Jopi…)
Und Kinder sind auch nicht immer da.

Name
13 Jahre zuvor

„Da muss aber jemand da sein, auf dessen Namen und Kosten die weiteren Jahre laufen. “
Ist es denn so, dass zwingend ein lebendiger Mensch verfügbar sein muss? Es dürfte im Umfeld eines Friedhofs doch durchaus schon bewusst geworden sein, dass Menschen eines Tages sterben. Also nehme ich doch ab, dass einmal geschlossene Verträge über soundsoviel Jahre Grabliegezeit auch bindend sind, egal ob es keine Angehörigen mehr gibt. Was will denn die Friedhofsverwaltung andernfalls auch machen? Die Leiche ausbuddeln und vor den Kadi ziehen fällt wohl aus, auch wenn mir das in Deutschland nicht gar zu ausgeschlossen vorkommen mag.

Name
13 Jahre zuvor

Natürlich nehme ich in meinem vorherigen Kommentar „an“, nicht ab. Wobei ich mich auch Letzterem natürlich nicht verweigern würde.

Manuela
13 Jahre zuvor

Ich glaube nicht, dass man die Bestimmungen dadurch umgehen kann, indem man die Grablaufzeit verlängert. In Deutschland zumindest nicht, so wie ich St. Bürokratius kenne…

Scipio
13 Jahre zuvor

Kann man so eine Platte dann evtl halb aufgerichtet aufstellen? So lässt die ja dann unten am Fuß ein Bisschen Platz

13 Jahre zuvor

Ich habe einige exhumierte Leichen gesehen und es war stets eine Überraschung, in welchem Zustand der Leichnam war. Bislang hatte ich den Sarg als wichtigstes Bestandteil in Verdacht. An die Grabplatte habe ich nie gedacht.

noch ein Stefan
13 Jahre zuvor

@8 Svenja: Der Boden spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Verwesung, und zunehmend auch die Tatsache, dass wir alle so sehr mit Medikamentenresten vollgestopft sind, dass die lieben Tierchen das lieber nicht fressen (Antibiotika – jetzt auch an der Fleischtheke)

Sowasaberauch
2 Jahre zuvor

Na, dann legt man die Platte auf ein Kiesbett, aber daran kann halt nicht viel verdient werden.




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