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Frag den Bestatter

Habe ich den Herzschrittmacher geerbt? Muss ich für die Entfernung bezahlen?

Meiner verstorbenen Schwägerin wurde der Herzschritt macher entnommen von dem Leichenbeschauer. Habe ich als Erbin ein ein Recht auf das Gerät?

Ich will bzw. wollte das Ding (den Herzschrittmacher meiner verst. Schwägerin) nicht wirklich haben. Aber ich wurde auch gar nicht danach gefragt, soll jetzt aber die Entfernunf oder entnahme bezahlen.

Die Entfernung des Herzschrittmachers ist bei vielen aber nicht bei allen Krematorien Vorschrift. Die in den Geräten enthaltenen Batterien und sonstigen Bauteile können schädliche Dämpfe entwickeln und ggfs. explosionsartig kaputtgehen. Mit den Gasen waren manche Filterungen in den Krematorien überfordert, die kleinen Explosionen standen in Verdacht, die Öfen beschädigen zu können.
Modernere Anlagen verkraften inzwischen beides.

Muß der Herzschrittmacher entfernt werden, tut dies der Bestatter, der Amtsarzt oder einer der Krematoriumsmitarbeiter.
Die Geräte werden als Sondermüll entsorgt.

Ob es hier ein theoretisches Erbrecht gibt, wird ebenso zu beurteilen sein, wie bei Zahngold und in der Totenasche befindlichen Prothesen.

Hierzu gibt es bereits einen ausführlichen Text unter diesem Link hier:

http://bestatterweblog.de/wem-gehoert-das-zahngold-der-toten/

Rein technisch und medizinisch spricht eigentlich nichts gegen die Wiederverwendung der Geräte. Nach einer gründlichen Überholung, Reinigung und ggfs. Neueinstellung können sie problemlos weiterverwendet werden.
So wurde das auch lange Zeit gemacht. Die Situation hat sich aber seit dem Herzschrittmacherskandal der 70er Jahre geändert.

Näheres weiß hierzu Wikipedia im Artikel „Herzschrittmacher“:

Skandal um Herzschrittmacherentnahmen 1976–1979

Ab 1976 gingen bei Staatsanwaltschaften anonyme Anzeigen ein, weil Herzschrittmacher unerlaubt aus Leichen entfernt, überholt und in gebrauchtem Zustand Herzkranken wieder eingesetzt wurden.
Die Patienten wurden darüber nicht informiert.
1977 riet der Verband der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands seinen Mitgliedern „nachdrücklich“ davon ab, für die Wiederverwendung alter Herzschrittmacher Geld von Medizintechnikfirmen zu kassieren. Ein Medizintechnikunternehmen hatte nachweislich die Herzschrittmacher verstorbener Patienten von Ärzten für ein „Honorar“ von bis zu 2600 DM pro Stück erworben und die gebrauchten Geräte zum Neupreis wieder verkauft.
Der Präsident der „Gesellschaft für Herzschrittmacher e. V.“, sah dabei „keinerlei medizinische Bedenken“ gegen Entnahme und Wiederverwendung von Impulsgebern, allerdings ohne jede „Geschäftemacherei“. „Derart kostspielige Geräte“ sollten nach Ansicht des Mediziners „nicht einfach auf den Müll geworfen oder ins Grab gegeben werden.“
Die Barmer Ersatzkasse hielt die Entnahme und den Neueinsatz der Herzschrittmacher auch für rechtlich nicht strittig, da diese nicht mit der Entnahme und Verpflanzung von Körperorganen vergleichbar waren.
Die Krankenkassen sahen die Herzschrittmacher bei verstorbenen Patienten wieder als ihr Eigentum an und verlangten Mitteilungen der Mediziner über Entnahmen, damit nicht erneut die Kosten für die Herzschrittmacher abgerechnet werden.
Heute ist die Entfernung eines Herzschrittmachers ohne Zustimmung des Verstorbenen oder seiner Angehörigen nach § 168 des Strafgesetzbuches wegen Störung der Totenruhe strafbar.
Auch die Explantation aus Toten, die einer Kremierung zugeführt werden – früher rechtlich aufgrund des Batteriegesetzes (vor 2009: der Batterieverordnung) vorgeschrieben – ist bei den meisten modernen Krematorien heute nicht mehr erforderlich.

In „Frag den Bestatter“ findest Du meine Antworten auf Fragen von Leserinnen und Lesern. Diese Fragen sind zum Teil Inhalte Dritter, die mich tagtäglich auf den verschiedensten Wegen erreichen. Es handelt sich also um meist nicht bearbeitete und nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfte Fragen Dritter. Für die Fragen sind allein die Übersender der Mitteilungen verantwortlich. Ich mache mir die Aussagen nicht zu eigen.
Ich erteile Auskünfte ausschließlich aufgrund meiner Erfahrung und erbringe keine Rechts-, Steuer- und Medizinberatung.

Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 11. November 2015 | Peter Wilhelm 11. November 2015

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2 Kommentare
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Pu
8 Jahre zuvor

Bisher bekam ich meine explantierten Schrittmacher immer nett verpackt zum Mitnehmen überreicht. Als ich mal fragte, weshalb die Klinik die nicht entsorge, hieß es, sie seien mein Eigentum und die Klinik dürfe darüber nicht einfach so verfügen. Ich war immer froh, wenn bei der Visite einer der herumstehenden Ärzte an dem Schrott Interesse zeigte, als Anschauungsmaterial für Schüler und Studenten.

5 Jahre zuvor

Auch das Deutsche Zentrum für Implantat-Sicherheit e.V. sagt, dass Schrittmacher & Co. im Eigentum des Patienten (oder dann eben im Eigentum der Erben) stehen -> http://www.dezis.de/Wem-gehoert-das-Explantat

Klngt eigentlich auch total logisch. Der Hersteller verkauft die Implantate an die Kliniken, diese „verkaufen“ sie dann (i.d.R. mit „Umweg“ über die Krankenversicherung) an den Patienten.




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