Sandy hat jetzt zwei Handys. Eins hat sie von uns und eins ist ihr privates. Dafür hat sie aus dem Internet eine Prepaidkarte. Die muß sie immer aufladen und wenn ziemlich genau noch zehn Euro drauf sind, schickt sie diese Karte über irgendeinen Internettauschrring wieder weg und bekommt eine andere. „Die ist dann von jemand ganz anders, hat eine andere Nummer und die Behörden werden furchtbar in die Irre geführt, wenn sie die ganzen Gespräche zurückverfolgen und die Verbindungsdaten speichern.“
„Na das ist ja mal ’ne supertolle Schnapsidee“, sage ich und behaupte: „Schließlich wird doch auch die Seriennummer des Handy, die IMEI-Nummer mit übermittelt und so wissen die im ungünstigsten Fall doch sowieso immer mit wem Du telefoniert hast.“
Sandy stutzt, überlegt kurz: „Okay, dann wissen die vielleicht ein bißchen was, aber kurz darauf telefoniert jemand ganz anders mit meiner Prepaidkarte und dann denken die, das wäre ich auch und kommen ganz durcheinander.“
„Ja, bis Deine Handykarte irgendwann mal einer bekommt, der wirklich Böses im Schilde führt und die Staatsanwaltschaft morgens um drei bei Dir einläuft, um mal ein bißchen Deine Wohnung zu durchsuchen.“
Sandy verzieht die Schnute: „So gesehen ist das ja eine Scheißidee, oder?“
„Ja, das ist eine Scheißidee.“
„Ich glaub‘ dann spar ich mir das mit der Hin- und Herschickerei von den Karten.“
„Hmmm…“
Während sie, ihr Handy anstarrend, davonstapft, brummelt sie nochmals: „So eine Scheißidee!“
Auch Dreibein macht sich heute Gedanken zur Vorratsdatenspeicherung.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: handy-sandy
wozu macht man sowas überhaupt?
Im Grunde doch eine sehr feine Idee… solange man den Versand der Karte dokumentiert, ist man aus dem Schneider und der (in meinen Augen durchaus nachvollziehbare) Sinn der ganzen Geschichte bleibt erhalten.
Parallel zum Kartentausch müßte es dann einen Handytausch geben. Oder man verschickt das Handy mit Karte. Idealerweise werden Karte und Handy von einem zu gründenden Verein zum Handytausch gekauft. 🙂 Wobei die Frage bleibt, wer denn soviel Zeit hat, einen derartigen logistischen Aufwand zu betreiben.
Hat sich wohl eh erledigt:
„nach Rücksprache mit mehreren IT- und Rechtsexperten hat sich der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung entschlossen, seine Handykarten-Tauschbörse vorerst auszusetzen.“
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/187/77
Ulf: nicht wirklich.
„Hinweis: Die Aktion „Kartentausch“ wird außerhalb des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fortgeführt auf http://www.daten-speicherung.de/kartentausch.“
wie uffi schon sagte. im eu ausland gibts die karten einfacher. dorthin zu kommen ist auch einfach und schnell geworden.
wer wirklich böses im schilde führt, bekommt solche karten und fremde handys aber auch in deutschland.
was der staat nun macht, ist abschreckung. jemanden zu finden der nicht gefunden werden will, und auch noch weiss was er tut, wird auch nicht gefunden.
morgens um drei kommen die nicht, die dürfen afair erst um 06:00 Uhr kommen 😉
Siehe auch den Vortrag von Udo Vetter:
http://video.google.de/videoplay?docid=-1550832407257277331
Wer ein anonymes Handy braucht holt sich eine SIM-Karte im eruropäischen Ausland, die beim Kauf den Käufer nicht registrieren. Und ein altes Mobiltelefon, das vorher einen anderen Besitzer hatte. OK, telefonieren ist dann teurer, aber die persönliche Paranoia sollte einem so etwas dann auch wert sein 😉
Also ich hätte keine Lust, alle paar Wochen für ich-weiß-nicht-wie-viel Euro allen Menschen im Nummernspeicher meine grade aktuelle Nummer mitzuteilen. Was nützt ein Handy, dessen Nummer niemand kennt? o.O
@Punkt:
Genau das ist das Problem. Dem Normalbürger (der nix zu verbergen hat) wird keine Maßnahmen treffen sich vor der Überwachung zu schützen, weil es „unpraktisch“ ist. Die die wirklich was übeles vor haben können das aber ohne Probleme.
Und wer bezahlt diese riesige Verschwendung, welche nichts nützt??
Aber von Telefonzellen haben die noch nix gehört?!
Warum einfach wenn’s auch kompliziert geht?
@ Bianca: Weil Paranoia für einige eine Lebensphilosophie ist. 😉
Mir tut die arme Sau im Überwachungsapparat, die meine langweiligen Privatgespräche jedesmal abhören muss, jetzt schon leid.
@Nina: Ein bißchen Paranoia ist gar nicht mal so schlecht. 🙂
in sachen paranoia: es ist ganz einfach: es geht niemanden was an, dass ich nix zu verbergen habe.
Es ist in jedem Fall über die Gesprächspartner einfach herauszufinden, um wen es sich bei einem Handybesitzer handelt, er baut ja quasi mit jeder Verbindung sein eigenes Zielkreuz.
Von daher sind ausländische Karten auch nur bedingt sinnvoll, zumal ja sowieso immer nur bei einem Roaming-Partner telefoniert werden würde…
–Widerstand statt Ausweichbewegung–
Tja, jeder nach seine Facon. Ich bin halt nicht paranoid, und demzufolge ist es mir egal, was ein anderer nun mithört oder nicht. Ich habe ja noch nichtmal Vorhänge an meinen Fenstern. Wenn da jemand meint, er muss reingucken (geht ohnehin nur mit Fernglas), ist es sein eigenes Problem, wenn ihm das, was er sieht, anschließend nicht gefällt.
Nachtrag: Ich wünschte bloß, die Leute wären in der Öffentlichkeit ein wenig paranoider und telefonierten nicht lautstark in Straßenbahn und Bus.
All die Geheimhaltung und Versteckspielerei, und dann brüllen sie in der Straßenbahn oder im Bus in ihr Handy wie in ein Megaphon, so dass nichtmal der desinteressierteste Fahrgast es schafft, NICHT an ihrem Privatleben teilzunehmen.
Und wenn „der Staat“ weis, wann, von wo, wie lange und wie oft ich mit welchem meiner Kunden, Lieferanten, Geschäftspartner etc. telefoniert habe ist mir das reichlich egal. Würde ich illegale Geschäfte machen, käme ich ohnehin nicht auf die Idee dazu einen normalen E-Mail Account oder einen normalen Telefonanschluß, Handy zu nutzen. Da gibt es andere Möglichkeiten.
Zur Handykarte: Geh mal auf einen beliebigen Flohmarkt. Da gibt es Handys und Prepayd-Karten aller 4 deutscher Netze zu kaufen. Die funktionieren ohne personalisierung. Wennn du dann noch nur per Barzahlung nachlädst, ist das anonym genug.
Tja, die IMEI wird tatsächlich immer mit erfasst. Das Projekt des AK-Vorrat war von daher leider etwas schnell geschossen und wurde deshalb auch wieder eingestellt. Dennoch nette Idee 😉
@new_media_junkie
Naja, wie padeluun schon anmerkte: Telefonzellen gehören zu den am besten überwachten Objekten 😉
@Nina
„Ich bin halt nicht paranoid, und demzufolge ist es mir egal, was ein anderer nun mithört oder nicht.“
Das sagt sich einfach, wenn man weiß (bzw. fest daran glaubt) dass man nicht nicht abgehört wird. Wenn man sich einmal der Überwachung bewusst wird sieht das ganz anders aus. Selbst wenn es einen nicht stört wird man sein Verhalten dennoch unterbewusst anpassen, das sagt jede psychologische Studie und auch jedes Opfer und genau das ist die Gefahr des Ganzen. Ich muss einfach im Zweifel für den Angeklagten davon ausgehen, dass du wirklich darüber erhaben bist und nicht einfach nur verdammt naiv.
Sicherlich, Panik ist die falsche Antwort. Das Gegenteil, alles als paranoide Verschwörungstheorie abzutun aber ebenfalls. Damit hilft man weder den wirklich Betroffenen (sowohl die Überwachten als auch die Paranoiker – wer einmal paranoide Schizophrenie beobachten „durfte“ nimmt das nicht mehr so leichtfertig in den Mund) noch der Gesellschaft als Ganzes oder sich selbst als Individuum.
Diese paranoiden superwichtigen Weltverbesserer denken auch nichts zu Ende.
Nur weil du nicht paranoid bist, heißt das nicht, dass sie dich nicht verfolgen 😉
@ Ana: Vielleicht bin ich naiv, vielleicht bin ich aber auch einfach nur erfahren.
Bestes Beispiel: Vor Internet- und Handyzeiten gab es auch schon Paranoia. Da wurde mir von allen Seiten immer erzählt, dass jemand, der mal in psychologischer, wenn nicht gar psychiatrischer Betreuung gewesen sei, für immer „eine Akte“ habe. Jene bewusste Fast-Stasi-Akte also, in der alle Sünden vermerkt sind, und die einem irgendwann mal fürchterlich auf den Kopf fallen wird. Wenn man sich mal für einen heiklen Job zB in der Justiz bewirbt, dann wird diese Akte hervorgeholt, und aus isses mit der Karriere.
Habe so eine Akte (oder zumindest das entsprechende Vorleben) und hatte einen verdammt heiklen Job. Kein Aas hat nachgefragt.
Es ist alles relativ. Und wie gesagt, meinetwegen KÖNNEN sie bei mir mithören, wenn sie glauben, das sei wichtig. Ihnen werden vor Langeweile bloß die Ohren abfallen.
Die IMEI lässt sich bei den meisten Handys mit etwas technischem Know-How beliebig umprogrammieren, meines Wissens sogar legal.
Das Abhören und Speichern bringt direkt nichts. Alle die sich friedlich überwachen lassen, sind ja sauber. Denn kriminelle Absprachen werden nur noch persönlich besprochen. Bleibt übrig ein kleiner Teil, der leicht überwacht werden kann, nähmlich die, die alles Mögliche ständig am Trixen sind. Die müssen ja was zu verbergen haben. Auffälliger gehts nimmer. Und für die paar Hansel reicht der kleine Amtsapparat.
Ich prognostiziere die Rückkehr von Papier und Bleistift bzw. dem gesprochenen Wort an öffentlicher Stelle (Parkbank am See und so 😀 ).
@Nina Das Problem sind auch weniger deine persönlichen Präferenzen. Wenn irgendjemand das Bedürfnis hat, sein komplettes Privatleben als Live-Videostream ins Netz zu stellen oder nackt durch die Straße zu rennen soll er das ruhig tun. Nur das ist eben der Punkt, ich will selbst die Wahl haben, welche Daten ich wem in die Finger geben will. Und mir nicht ständig von irgendwelchen Exhibitionisten die „Ich hab nichts zu verbergen, ich bin nicht paranoid“ Leier anhören zu müssen, weil ich von meinen Grundrechten Gebrauch mache. Das Problem ist auch nicht die Überwachung als solches sondern deren Folgen: Verhalte ich mich noch natürlich, wenn ich überwacht werde? Lesenswert z.B. Analist in dem Zusammenhang. Soll ich dem Überwacher Vertrauen entgegen bringen wenn er mir offensichtlich grundsätzlich misstraut? Ehrenwerte Absichten unterstellt, kann ich der Kompetenz des Überwachers trauen? Oder muss ich befürchten, dass andere mit weniger ehrenwerten Motiven auf die ein oder andere Weise Zugriff auf meine Daten bekommen? Kann ich den Überwachern persönlich trauen, dass sie nur ihren Job machen? Oder werden dort wie in Wien auch mal… Weiterlesen »
@Ana, du hast Recht und Nina ist schrecklich naiv, was das automatisierte Zusammenführen und Auswerten von Daten angeht.
Solche Menschen machen mir Angst, weil sie nichts verhindern werden.
@Ana: >> Und mir nicht ständig von irgendwelchen
Exhibitionisten die “Ich hab nichts zu verbergen, ich bin nicht paranoid” Leier anhören zu müssen, weil ich von meinen Grundrechten Gebrauch mache. <<
So sehe ich das auch. Wenn mir einer mit „Ich hab nix zu verbergen kommt“ frag ich öfter: „Und warum schließt Du dann auf dem Klo ab? Jeder weiß was Du da machst und Du hast doch nix zu verbergen….
Nur weil du nicht paranoid bist heisst das nicht das SIE nicht hinter dir her sind.
(Frei aus dem Englischen)
Eine Überwachungskamera des Pergamonmuseums von Berlin konnte anscheinend jahrelang die Wohnung der jetzigen Kanzlerin Angela Merkel überwachen…
http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/741/72669/print.html