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Katja und Ronny -2-

Ein sehr nettes älteres Ehepaar war gerade hier, die Eltern von Ronny.
Ich will gerade sagen, daß Katja schon da war und alles bestellt und anbezahlt hat, aber aus irgendeinem Grund habe ich ein komisches Gefühl und sage zunächst nichts. Woher wissen die beiden überhaupt von unserem Haus und daß wir Ronny bereits in der Kühlung haben? Was wissen sie überhaupt?

Ich frage vorsichtig: „Und wie sind Sie auf unser Haus gekommen?“
Nebenbei bemerkt ist diese Frage nichts Ungewöhnliches, denn ich frage das immer. Es ist eine der wenigen Möglichkeiten herauszufinden, wie wirksam verschiedene Werbeformen sind. Stellt es sich gar heraus, daß sie von jemandem empfohlen wurden, spendiere ich demjenigen immer eine Flasche Wein oder einen Blumenstrauß.

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„Vom Krankenhaus, wir haben erfahren, daß Sie Ronny dort aus der Rechtsmedizin abgeholt haben“, erklärt die Mutter.

Die “ Eichenlaub]]“ hatte Ronny an der Unfallstelle im Auftrag der Polizei geborgen und in Erwartung weiterer Untersuchungen in die Pathologie gebracht. Wir haben ihn dann dort wegen Katjas Auftrag abgeholt. Aber das wissen die Eltern nicht und ich sage auch nichts weiter dazu, warum wir Ronny jetzt da haben.

Ich ziehe die Formalitäten vor und frage ganz beiläufig den Familienstand ab und lenke damit das Gespräch auf die geschiedene Frau.

Ronnys Eltern sind sehr sympathisch aber auch sehr energisch. Keinesfalls „kommt es in die Tüte“, daß die „Ex-Schwiegertochter“ sich in die Bestattung einmische. Scheidung sei Scheidung und somit obliege es einzig ihnen, den weiteren Fortgang zu bestimmen.

Ohne zu sagen, daß Katja schon da war, versuche ich vermittelnd einzugreifen, man könne doch sicherlich einen Kompromiss finden, der möglicherweise auch die Wünsche der Geschiedenen berücksichtige, aber die beiden lehnen dankend und beherzt ab. „Nein, die hat unseren Ronny sitzenlassen und wer einmal raus ist aus unserer Familie, der bleibt auch raus“, sagt der Vater.
„Aber die beiden sind doch wieder zusammen gewesen“, werfe ich ein, aber die Mutter quittiert das mit hochgezogenen Augenbrauen: „Wir haben ein so gutes Verhältnis gehabt, aber Katja hat sich so ekelhaft benommen, Ronny durfte lange Zeit die Kinder nicht sehen, das verzeihen wir ihr nie!“

„Sie sprechen es an, was ist denn mit den Kindern?“

„Wir haben doch nichts dagegen, daß die Kinder zur Trauerfeier kommen, aber Katja, die hat da nichts verloren“, brummt Ronnys Vater unwirsch.

Eine Feuerbestattung soll es sein und die Asche soll bitte anonym beigesetzt werden: „Denn wer soll sich später um das Grab kümmern, wenn wir mal nicht mehr sind?! Wir wollen nämlich im Frühjahr nach Schleswig-Hollstein ziehen.“

Um das Schlimmste zu verhüten bringe ich das Gespräch Gespräch nochmals auf Katja und erwähne, daß sie sich gemeldet habe. Ich will die alten Leute nicht anlügen, aber alles sagen muß ich ja nicht. Sie nehmen es zur Kenntnis, indem sie sich vielsagend anblicken und ich füge noch schnell hinzu: „…aber das haben Sie sich sicherlich schon gedacht.“

Der Vater nickt und sagt: „Die würde schon aus Protest gegen uns alles ganz anders machen, als wir es wollen.“

„Jaja“, sage ich, „das könnte sein, aber eine Feuerbestattung hat sie auch erwähnt.“

Manchmal muß man also doch schwindeln, aber ich sehe, wie die Mutter ihren Mann am Ärmel zupft und der sagt, wie aus der Pistazie geschosssen: „Wenn ich es mir recht überlege, könnten wir uns auch gut eine Erdbestattung vorstellen.“

„Dann können wir aber keine anonyme Bestattung machen, das geht hier nur bei Urnen“, gebe ich zu bedenken, denn die wollen ja in den Norden ziehen.

„Das macht nichts, wir geben dann eine Grabpflege in Auftrag. Nein, nein, wir bleiben dabei, das gibt eine Erdbestattung“, beschließt der Vater und will jetzt die Särge sehen.

Zielsicher schließt er als zuerst alle hellen Särge, also auch den hellgrauen aus: „Eiche, dunkel, das muß es wohl schon sein!“

Ich wäre kein guter Bestatter, wenn die Kunden im Falle eines Falles nicht genau den Sarg kaufen, den ich verkaufen will. Außerdem ist der den Katja wollte, wesentlich günstiger und so mag das auch eine Rolle gespielt haben, jedenfalls steht hinterher auf meinem Auftrag „Esche grau“.

Während wir im Büro die restlichen Formalitäten erledigen, bringe ich das Gespräch nochmals auf die Frau, immer noch habe ich die Hoffnung, daß die Alten sich erweichen lassen, aber es fruchtet nichts. „Das wäre ja noch schöner! Erst unseren Ronny ins Unglück stürzen und dann die trauernde Witwe mimen“, regt sich der Vater auf. „Die hat hier nichts verloren. Sie kann ja ans Grab kommen, wenn die Beerdigung ist, aber bei der Trauerfeier hat sie nichts zu suchen“, sagt die Mutter bestimmt.

„Auf den Friedhof kann aber eigentlich jeder gehen“, gebe ich zu bedenken.

„Sie haben doch auch eine Trauerhalle, dann machen wir das eben hier!“

Genau! So wollte ich es haben!

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#katja #ronny

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