Geschichten

Opa Gleisberg -VII-

Die Formalitäten sind soweit erledigt, ich habe die persönlichen Daten von Opa Gleisberg in die entsprechenden Formulare eingetragen. „Also“, sage ich, „dann müssten Sie nur noch einen Sarg heraussuchen…“ Weiter komme ich nicht, denn Lotteliese klatscht vor Freude in die Hände und ruft: „Watt? Datt dürfen wir machen, Mensch, datt is ja ma klasse!

„Wieso?“, frage ich, und ergänze: „Sie sind auch diejenigen, die’s bezahlen müssen.“

Hotte und Lotte und die muntere, gelangweilt aus der Wäsche schauende Kinderschar sperren ihre Mäuler auf, und Hottelotte blicken mich mit großen Augen an.

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„Neee, nee, nee!“, ruft Hotte: „Datt kommt ma garnich inne Tüte! Watt sollen wir denn von dem Alten die Beerdigung bezahlen? Der schuldet uns ja theoretisch noch Geld. Sie glauben ja garnich wattat für aufwendig war, dem zu pflegen. Nix da, die Beerdigung zahlen wer nich‘!“

Irgendwie hatte ich genau das vermutet. Fragt sich nur, warum die Olschewskis überhaupt gekommen sind, und genau das frage ich die auch: „Tja, wenn Sie die Beerdigung nicht regeln möchte, weshalb ganz genau sind Sie dann jetzt hier?“

Herr Olschewski wischt sich die feucht gewordenen Hände an seinem Bauch ab, grunzt unverständlich, schmatzt und wischt sich mit dem Handrücken über den Mund, so als ob ein Raubritter nach einem opulenten Mahl die Reste eines eben vertilgten Ebers von den Lippen wischen müsste. „Ja, wegen datt Testament!“

Wegen ‚dem‘ Testament hätte ich ja noch gelten lassen, der Genitiv ist ja vom Aussterben bedroht, aber ‚wegen datt Testament‘ ist dann doch ein bißchen viel. Ich verbessere: „Wegen DES Testaments!“

„Sach ich doch! Wußt‘ ich doch, daßß Sie datt haben. Und? Watt steht drinne?“

„Nein, wir haben hier kein Testament. Mir geht es im Grunde nur darum, dass wir von Ihnen gerufen worden sind, um Herrn Gleisberg abzuholen, und dass Herr Gleisberg jetzt bei uns im Kühlraum liegt und in den nächsten Tagen unter die Erde müsste. Ob und an wen der etwas zu vererben hat, das weiß ich nicht, und das geht uns hier auch nichts an.“

Hotte und seine Frau schauen sich an, verstehen sich offenbar ohne Worte, denn unisono kommt aus ihren Mündern: „Nee, zahlen wir nich‘!“

Ich will gerade etwas sagen, da sagt Hotte Olschewski: „Und außerdem hat ja der Böttcher bei Euch angerufen, dann soll der das auch bezahlen. Wir ha’m den Oppa nur gepflegt, feddich! Mehr is‘ da nich, mehr gibbet von uns nicht.“

Und seine Frau stößt ins gleiche Horn: „Watt haben wir uns aufgeopfert für dem Oppa! Ich und meine Schwägerin. Und watt hatten wer davon? Ne Handvoll Kröten für’n Haufen Malloche!“

Fehler durch Lektorin Anya bereinigt.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 25. März 2016 | Revision: 31. März 2016

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Lotte (nicht die vom Hotte)
8 Jahre zuvor

Schön, dass diese Geschichte jetzt weitergeht. Vielen Dank!




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