Geschichten

Wasser, marsch!

Ich stand vor dem Bestattungshaus unter dem Vordach und schaute die Straße hinunter.

Frau Büser hatte mich hinausgetrieben: „Chef, schauen Sie mal, wie stark das draußen regnet.“
Nun gut, das hatte ich mitbekommen, denn auch mein Büro hat Fenster, aber Frau Büser beharrte auf ihrem Standpunkt, vorne würde es mehr regnen als hinten.

Die Kanalisation schaffte die Wassermengen nicht mehr und man kann wirklich sagen, daß es ein anständiger Wolkenbruch war.

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Weit entfernt an der Straßenecke sah ich Frau Nolte kommen. Eine alte Dame von fast 80 Jahren. „Was muß die bei diesem Wetter draußen rumrennen?“, dachte ich und ging zwei Schritte ins Haus, schnappte mir einen unserer großen, schwarzen Beerdigungsregenschirme und lief ihr entgegen.
Außer einer gepunkteten Plastikhaube, wie ältere Damen sie sich zum Schutz der Frisur gerne bei Regen über den Kopf stülpen, hatte sie nichts dabei, um sich gegen die Wassermassen zu schützen.
Als ich bei ihr ankam, hielt ich ihr den Schirm über, den sie dankbar ergriff und über uns beide hielt. Ich sagte: „Frau Nolte, was treibt Sie denn bei so einem Wetter nach draußen? Da schickt man doch keinen Hund vor die Tür.“

Sie hob eine Gießkanne hoch, die sie in der linken Hand trug: „Ich muß auf den Friedhof gießen, sonst vertrocknen mir die Blumen.“

„Aber Frau Nolte, es regnet doch in Strömen, da müssen Sie doch jetzt nicht gießen gehen.“

„Meinen Sie, ich wäre blöd? Natürlich gieße ich nicht wenn es regnet. Ich gieße selbstverständlich erst wenn es wieder aufgehört hat.“

Sprachs, ging mit meinem Schirm weiter und ließ mich einfach stehen.
Erst einen Moment später, als Frau Nolte schon ein ganzes Stück gegangen war, ging ich langsam kopfschüttelnd wieder zum Bestattungshaus zurück.

„Meine Güte, Sie sind ja total naß, Chef!“, rief Frau Büser: „Warum sind Sie denn so naß?“

„Wegen des Blumengießens.“

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(©si)