Wie kann Antonia denn einen neuen Personalausweis bestellen, wenn die Geschichten alle in der Vergangenheit spielen?
Ich erkläre es gerne noch einmal: Antonia ist eine reale Person. Die Art und Weise, wie sie handelt, wie sie spricht, wie sie Sachen verdummbeutelt und wie sie immer nur ans Essen denkt, ist absolut authentisch.
Angefangen hat Antonia als Praktikantin und ist dann feste Mitarbeiterin geworden. Es hat außer ihr aber noch viele Praktikanten und Mitarbeiter gegeben, die alle nicht in meinen Geschichten vorkommen.
Es würde einfach zu weit führen, alle diese Leute mit ihrer Vita und den jeweiligen Umständen in die Geschichten einzuführen. Deshalb schreibe ich das was Büroleute verzapft haben eben Frau Büser zu, das was weibliche Praktikantinnen gemacht haben, schiebe ich Antonia in die Schuhe und was Fahrer und Arbeiter gemacht haben, für das steht stellvertretend immer Manni.
So bleibt das Undertaker-Universum überschaubar und der Leser kann sich besser mit den handelnden Personen vertraut machen.
Zu Antonia habe ich heute noch Kontakt, sie arbeitet natürlich längst nicht mehr für mich, sondern ist eine gestandene Frau und Mutter geworden. Aber immer wenn ich sie treffe, lässt sie wieder neue Bolzen los, wie man so sagt, und verblüfft durch so manche aberwitzige Theorie. Es wäre jetzt zu schade, diese gesammelten Stammeleien aus der neueren Zeit meinen Lesern vorzuenthalten. Deshalb transferiere ich dann das jetzt Passierte in die Antonia-Geschichten, die da spielen, als Antonia noch für uns gearbeitet hat.
Sowieso spielen ja fast alle Geschichten in der Gegenwart, unabhängig davon, ob sie nun 10 oder 15 oder erst 4 Jahre her sind. Das ist doch viel einfacher, als wenn man immer beschreiben müsste wann das jetzt genau war. Außerdem liegt der tiefere Sinn der Kunstfigur Tom und der leichten Veränderung von Orten, Zeiten, Namen und Berufen doch erklärtermaßen und in in erster Linie darin, daß betroffene Angehörige sich selbst und ihre Verstorbenen in den Geschichten nicht wiedererkennen sollen.
Ich fände es zu schade, wenn die Geschichten, die ich erlebt habe, nicht erzählt würden, fände es aber auf der anderen Seite nicht gut, wenn Leute, die sich mir und meinen Mitarbeitern anvertraut haben, bloßgestellt oder der Lächerlichkeit preisgegeben würden.
Natürlich sind auch alle Geschichten passiert. Jeder Bestatter da draußen erlebt tagtäglich Ähnliches. Vielleicht passieren bei einem Dorfbestatter mit stets gleichen, traditionellen Abläufen andere Sachen, als in einem großstädtischen Bestattungshaus mit hoher Kundenfluktuation, das mag sein.
Aber Frau Büser sagte einmal, und das meinte sie durchaus nicht so böse und schwarz, wie es klingt: „Ich glaube, es gibt keinen Idioten auf dieser Welt, der bei uns noch nicht angerufen hat oder vorbeigekommen ist.“
Manchmal ergibt sich aber im alltäglichen Leben eine Situation oder es wird mir aktuell etwas berichtet oder jemand schreibt mir eine Mail mit einer Begebenheit, die ach zu gut zu Antonia oder Sandy passen würde. Ganz genauso hätte eine von ihnen es gesagt oder gemacht. Und oft greife ich dann einen Dialog auf, den es wirklich gegeben hat und lasse das aktuell Erlebte, das Berichtete oder das Erzählte mit einfließen.
Und genauso natürlich, wie alle Geschichten tatsächlich passiert sind, sind sie nicht genau so passiert.
Manchmal sind Leute mit einer sehr traurigen Geschichte gekommen und die erzähle ich dann mit leicht veränderten Rahmenumständen hier im Bestatterweblog. Im Verlaufe dieser Geschichte gab aber ausgerechnet dieser Kunde eine sehr herzerfrischende und lustige Anekdote zum Besten, die so gar nicht in den traurigen Rahmen passen der übrigen Geschichte passen will. Also lasse ich diesen lustigen Teil weg und schreibe ihn später in einem anderen Text irgendeinem Opa Franz zu.
Würde man Leute wie Antonia fragen, ob sich diese oder jene Geschichte nun genau so zugetragen hat, wie ich sie hier erzähle, so würden diese Leute mit Sicherheit bestätigen, daß sie sich exakt daran erinnern, daß es 100%ig so gewesen ist. Und das würden sie sogar dann sagen und behaupten, und wären sogar fest davon überzeugt, wenn ich doch einiges verändert und Begebenheiten aus verschiedenen Erlebnissen zu einem Text zusammengefügt habe.
Mein Talent ist eben die Beobachtungsgabe und daß ich das Beobachtete ganz brauchbar erzählen kann. Das habe ich von meiner Mutter, das ist ein Geschick, daß mir in die Wiege gelegt wurde. Und wenn man eine Geschichte schlüssig und gut erzählt, dann spielt es selbst für Leute, die dabei gewesen sind und es eigentlich besser wissen müssten, keine Rolle, ob es nun exakt wiedergegeben wird; sie haben selbst inzwischen vieles vergessen, könnten es sowieso nicht so schön erzählen und deshalb freunden sie sich sofort mit der jetzt erzählten Weise an.
Wäre das, was ich berichte, falsch oder an den Haaren herbeigezogen, würden Leute wie Frau Büser, Antonia oder Manni, mit deren realen Vorbildern ich immer mal wieder zusammentreffe, die Augenbrauen hochziehen und eventuell sogar etwas dagegen haben, daß ich sie hier in meinen Geschichten -wenn auch mit anderen Namen- vorkommen lasse.
Aber nein, sie erinnern sich durch meine Erzählungen genau an das Gewesene, weil der Kern eben stimmt und weil es eben so passiert ist. Mit anderen Worten, es spielt doch keine Rolle, wann und wo das war und ob es Rosen oder Nelken waren, der große Bogen zählt.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Ich mag deine Antonia Stories. Und der Bezug zur Realität kann auch ruhig ein loser sein. Lesenswert sind sie dennoch.
[quote]“Ich glaube, es gibt keinen Idioten auf dieser Welt, der bei uns noch nicht angerufen hat oder vorbeigekommen ist.“[/quote]
„100% aller Idioten der Welt leben auf der Erde.“
Ich habe mich schon gefragt, ob da wieder Leute um die Ecke kommen, die genau das nachfragen, warum Antonia denn noch immer bei Tom arbeitet…
Lach…
Ohne Worte! Vielleicht verwaltet Antonia die Werbeblogs
Meinen virtuellen Hut ziehe ich vor Tom, der immer und immer wieder, gebetsmühlenartig, dabei aber immer gleichmäßig gedulduig und freundlich, die „Wirkweise“ des Blogs erklärt.
Chapeau, solche Leute fehlen an den Schulen…
Ich fänds witzig, wenn mal eine der „echten“ Personen (Antonia, Sandy oder Frau Büser etc) bei einem der Treffen mitkommen würde 🙂
@Christina (Nr. 6)
ich trau mich wetten für wen die meisten männlichen Leser votieren würden…
(mich selber nehm ich da nicht aus)
@ Veit (7)
Die meisten Herren würden doch sicherlich wegen Frau Büser erscheinen, gelle? 😛
Oder dachtest Du etwa an Sandy? :-O
Bei Micky Maus ist der Bösewicht auch immer Kater Karlo…
Wäre auch eigenartig, würdest du Geschichten schnell und authentisch bringen. Dann würden sich ja wirklich Leute wiedererkennen. Das wäre das AUS des Blogs und deiner super unterhaltenden, toll geschriebenen Stories.
Und genau so arbeitet ein richtiger Autor. Und Du bist einer!