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Geschichten

Der Blonde mit dem irren Blick -8-

Manchmal gerät man in Situationen, aus denen man so ohne weiteres nicht wieder raus kommt und in denen man sich auch kein bißchen wohlfühlt.
So war das auch mit Lizzy Hiller und Heiner Falk.
Das war irgendwie, als sei man in den Wagen einer Achterbahn eingestiegen und dann sei die Fahrt völlig außer Kontrolle geraten, es ging nicht mehr nur bergauf und bergab, sondern mitten in einem Looping hob der Wagen sich aus den Gleisen und die rasante Fahrt ging immer weiter und weiter und weiter…

Das Leben an sich birgt schon so viele Unwägbarkeiten, daß man nur ganz begrenzt Kontrolle darüber hat, wenn aber das kleine Ruder, das man in der Hand hält, auch noch von Spinnern mitgedreht wird, dann kann das ein ganz bitteres Ende nehmen.

HINWEIS:
Da die Veröffentlichung dieser Geschichte aus Sorgfaltsgründen nur unter anwaltlicher Beratung und Aufsicht erfolgen kann, weise ich ausdrücklich darauf hin, daß sämtliche Personen, Handlungen und Namen absolut frei erfunden sind! Jegliche Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen, deren Handlungen oder Namen wären rein zufällig und ist nicht beabsichtigt!

Die Begeisterung meiner Frau für Lizzy und Heiner hatte mich angesteckt. So ausgesprochen ausgelassen und fröhlich wie die beiden nach dem Auftritt waren, konnte man sich im Grunde auch nur mit ihnen freuen.

Herr Falk, den ich weiterhin genau so nannte, arbeitete nach wie vor bei uns und stets wurde mir bestätigt, was das für ein guter Mann sei. Vor allem seine Reparaturen an Holzgegenständen und Särgen genossen einen guten Ruf. So verging Woche um Woche.
Eines Tages kam Herr Falk mit einer Pappschachtel zu mir ins Büro und ich dachte schon, er wolle wieder von dieser Aufführung anfangen, doch er hatte etwas ganz anderes im Sinn.

„Gucken Sie mal hier!“ sagte er und ich registrierte mit Wohlgefallen, daß er nicht schon wieder ‚Vadda‘ gesagt hatte. „Da hab ich mal was gemacht, also jetzt in meiner Freizeit, mit meinen Händen.“

Er öffnete die Pappschachtel und holte ein paar kleine Miniatursärge hervor. „Das sind Schlüsselanhänger! Da muß man nur noch so’n Schlüsselring dranmachen und schon sind die fertig.“

Ich begutachtete die kleinen Särge und mußte zugeben, daß sie ganz wunderbar geworden waren. Richtige kleine Särge, mit einem kleinen Kreuz auf dem Deckel, vier kleinen Füßen und sogar einer eingeritzten Palmenschnitzung auf den Seiten.

„Toll!“ sagte ich anerkennend.

Herr Falk freute sich und schob mir den Karton über den Tisch: „Wissen Sie was? Ich lasse Ihnen die Schachtel mal da, dann können’se sich die ja mal angucken.“

Den Karton stellte ich auf die Fensterbank, denn es waren noch wichtige Unterlagen zu bearbeiten.

Einige Tage später kamen Manni und ich auf die kleinen Särge zu sprechen.

„Die hat der toll gemacht, finden Sie nicht auch, Chef?“

„Ja sicher, die sehen wirklich gut aus. Das müssen fast 100 Stück sein.“

„Na ja, wir haben ja zwischendurch immer mal wieder Leerlauf.“

„Ach so, die hat der hier gemacht?“

„Ja natürlich, immer wenn mal nichts zu tun war. Wir hatten doch diesen Sarg mit der Palmenschnitzung, der uns vom Stapel gefallen war, nur noch Schrott, davon hat er das Holz genommen und hinten in der Werkstatt alles zurecht gesägt und gefräst. Der Clou ist ja, der macht eine lange Latte, die im Querschnitt eine Sargform hat und davon schneidet der kleine Stückchen ab und schmirgelt die dann.
Den Rest macht der mit unseren kleinen Schnitzmessern.“

„Nee, die sind wirklich gut“, sagte ich abschließend und das war es auch schon.

Wie ein paar Tage später kam Manni zu mir und brachte mir einen Beutel mit Einkaufswagenchips. „Die hab ich von einem Vertreter bekommen, sind 250 Stück. Kann ich ein paar haben?“

„Klar doch! Nehmen Sie sich die doch einfach!“

„Einfach so nehmen? Aber ganz bestimmt nicht. Was wir da unten annehmen, geht alles hoch ins Büro. Frau Büser gibt uns zwar immer Kalender und Kugelschreiber und auch mal für jeden eine Flasche Wein, aber erst geht immer alles ins Büro.“

Da hat Manni gut getan, so gehört sich das ja auch. Den Umsatz, der zu den Geschenken der Vertreter und Lieferanten führt, macht ja schließlich das ganze Haus, da ist es gut und richtig, daß Frau Büser die Geschenke gerecht verteilt und nicht nur die Männer in der Werkstatt alles einheimsen.

Später am Tag fiel mein Blick wieder auf den Beutel mit den Einkaufswagenchips und dabei fiel mir auf, daß an denen ja kleine Karabinerhaken und Schlüsselringe, verbunden durch eine kurze Kette, angebracht waren.
Flugs hatte ich mir von der Fensterbank die Schachtel mit den kleinen Särgen von Herrn Falk genommen und begann die Schlüsselringe von den Einkaufswagenchips an die Särge umzumontieren.
Innerhalb einer Dreiviertelstunde hatte ich alle hundert Särge komplettiert.

Kurz vor Feierabend kam die Mitarbeiterin des Steuerberaters vorbei und ihr schenkte ich zwei von den Särgen, worüber sie sich sehr freute.

Das hätte ich besser nicht getan!


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Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 20. Februar 2014 | Peter Wilhelm 20. Februar 2014

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7 Kommentare
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Glückauf
10 Jahre zuvor

Das geht nach hinten los. Ideeendiebstahl, Geschmacksmusterschutz, und überhaupt Vatter das hab ich nur für Dich gemacht. Arbeit nicht gewürdigt -Anwalt -aufrechnung Eintrittsgelder für’s Theaterspielen -undundund…….

Lochkartenstanzer
Reply to  Glückauf
10 Jahre zuvor

Ich tippe eher auf Ärger, weil jetzt alle sowas haben wollen und Tom in die Minisarggroßproduktion einsteigen müßte, um die Kundenwünsche zu befriedigen. Und alle wollen das natürlich geschenkt haben und nicht dafür bezahlen müssen.

btw: Nochmal danke für den USB-Minisarg, auch wenn mein Rangen das Ding jetzt haben.

10 Jahre zuvor

Ja, das kann Ärger geben, nicht zuletzt deswegen wird Tom den Hinweis im Text angebracht haben. Glückaufs Befürchtungen teile ich voll und ganz.

IcheBins
10 Jahre zuvor

Was man innerhalb der Arbeitszeit am Arbeitsplatz mit den Werkzeugen und Werkstoffen des Arbeitgebes produziert, gehört dem Arbeitgeber, punkt. 🙂

comicfreak
10 Jahre zuvor

..du bringst mich mit deinen Cliffhangern noch unter die Erde..

hajo
Reply to  comicfreak
10 Jahre zuvor

so etwas nennt man Kundenfang 😉

Reply to  comicfreak
10 Jahre zuvor

Comicfreak, da kenn ich noch andere, die einen AUCH regelmäßig am Cliff deponieren … nur holen die einen jeden Morgen mal kurz runter… 😉




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