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Geschichten

Die Fee der Nacht -29-

Auf dem Weg zu Frau von der Tratow, die immer noch unter Beobachtung stand, wollte es Petermann genauer wissen.
„Los, jetzt erzähle mir doch mal mehr über diese Nazis!“ forderte er vom Steuer seines Chevrolet aus seinen Freund Joswig auf.

„Ich sagte doch schon, daß das keine Nazis sind, das sind die ‚Arier der schwarzen Sonne’…“

„Seit wann gibt es schwarze Arier?“

„Meine Fresse, Klaus, einmal abgesehen davon, daß diejenigen, die sich für die Krone der arischen Schöpfung gehalten haben, allesamt nicht besonders arisch ausgesehen haben, hat dieser Zirkel hier mit dem Rassegedanken der Nationalsozialisten überhaupt nichts zu tun. Verabschiede Dich also gleich von der Idee, unser Minister Brockhagen könne an jenem Abend damals eine SS-Uniform oder so was angehabt haben.
Hier geht es um Esoterik, Gnostik und eine mythologisch-religiöse Weltanschauung.
Diese Arier hier, die glauben, sie stammten von den Bewohnern des sagenhaften Atlantis ab. Sie sind auf der Suche nach dem Stein der Weisen und verehren den Heiligen Gral als zentrales Element ihres Glaubens.“

„Den Heiligen Gral?“

„Ja, Arnim von der Tratow war die zentrale Figur dieser komischen Sekte. Er wurde Großmeister genannt und trug bei den Zeremonien den Kelch, der den Gral symbolisierte. An den Tagen der Tag- und Nachtgleiche wird in dem Gral die Sonne eingefangen und gilt als Quell der Inspiration.“

„Okay, und hat diese Sekte irgendwelche Tempel oder Kultstätten? Und gibt es die heute noch?“

„Also, die Unterlagen sind sehr dürftig. Ich weiß auch nicht mehr als das, was ich Dir gerade gesagt habe. Die haben Tempelräume und ich nehme mal an, daß Arnim von der Tratow in dem heute verlassenen Kurhotel so etwas auch eingerichtet hatte. Soviel ich weiß, ist die Gruppe nach seinem Tod auseinander gebrochen. In Holland soll es noch einen Ableger davon geben, aber die Information darüber ist auch schon ein paar Jahre alt.“

„Ja gut, so weit habe ich das verstanden. Das sind also abgedrehte Esoteriker, die an den feinstofflichen Bereich und so’n Zeug glauben. Aber warum nennen die sich Schwarze Arier?“

„Ich sagte ja schon, daß uns das mal schön die gute Frau von der Tratow erzählen soll. Normalerweise würde ich mal sagen, daß es vielleicht durch den Begriff ’schwarz‘ eine Abgrenzung zu anderen, vielleicht weißen Gruppen geben soll. Und dann hätten wir es vielleicht mit einer Art Satanismus oder so zu tun. Ich habe aber ehrlich gesagt keine Ahnung.“

Kriminalhauptkommissar Petermann schaute seinen Freund Jojo kurz aus dem Augenwinkel an und dachte darüber nach, wie gut sich sein Freund gerade in kulturellen und religiösen wie auch historischen Fragen auskannte. Obwohl Petermann sich selbst für überdurchschnittlich intelligent hielt, fühlte er sich in Jojos Gegenwart oft etwas ungebildet.
Im weiteren Verlauf der Fahrt dachte Petermann über den Fall Brockhagen nach und schüttelte mehrmals stumm den Kopf. Aus einem ganz simplen Selbstmord hatte sich ein Fall entwickelt, in dem es um irgendwelche okkulten Zeremonie ging.

„So, jetzt sind wir da“, sagte er, als sie in die Straße einbogen, in der Frau von der Tratow wohnte.

Jojo zeigte mit dem Finger auf einen dunkelblauen VW-Bus: „Da drüben steht auch der ach so unauffällige Wagen von Euch.“

„Der muß ja auch nicht unauffällig sein, die knochige Alte weiß ja, daß wir sie beobachten.“

„Na, dann wollen wir ihr mal auf den Zahn fühlen.“


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Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: | Peter Wilhelm 31. Mai 2012

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11 Jahre zuvor

Auf den Zahn fühlen? Wie in dem Film mit Dustin Hoffmann, „Der Marathon-Mann“?

Lochkartenstanzer
11 Jahre zuvor

Wenn die schon so alt ist, hat die denn überhaupt noch Zähne auf die man fühlen kann?

Arno Nühm
Reply to  Lochkartenstanzer
11 Jahre zuvor

Ja, im Wasserglas.

11 Jahre zuvor

Ein riesengroßes Dankeschön für die einmalige Chance, an der Entstehung eines Krimis sozusagen live teilzuhaben. Ich habe auch alle Teile verschlungen, incl. Kommentare. Und ich habe dabei immer beobachten können, wie Tom auf die Anregungen und Vorschläge der Kommentatoren eingegangen ist. Ich habe noch nie von einem ähnliche spannenden Projekt im Internet gehört. Insofern finde ich jedes substanzlose Gemecker völlig fehl am Platz. Ich bin dafür, dass die Geschichte irgendwann nach ihrem Abschluß und nach dem Glätten der wenigen kleinen Holperer unbedingt auch als Roman veröffentlicht werden sollte.
In Erwartung von Teil 30
Chatwoman.

Alwin E.
11 Jahre zuvor

> Jojo zeigte mit dem Finger auf einen dunkelblauen VW-Bus

Ich streite alles ab, ich leugne, ich war nicht da !!!

Uli-mit-Hut
11 Jahre zuvor

und bald kommen noch die rosa Strapse … ich habs ja gesagt … *lacht* und jetzt schnell zum nächsten Teil … *wegist*




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