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Fotos von Toten

Also, dass Tote offen aufgebahrt werden, ist wohl katholische Tradition, soweit ich weiß, oder?
Krank finde ich eher die Toursten, die Fotos von der Leiche machen – auch wenn es sich um den Papst gehandelt hat.
Ich erinnere mich, dass es schonmal einen Bericht über einen Toten-Fotografen gab. Die Diskussion finde ich immer wieder spannend – ist es pietät- bzw. geschmacklos, Tote zu fotografieren?
Ich fotgrafiere gerne mal auf Friedhöfen. Natürlich in erster Linie Statuen o.ä., eventuell auch mal ein besonders eindrucksvolles Grab; aber keine Besucher, und natürlich erst recht keine Beerdigungen.
Trotzdem durfte ich mir sagen lassen, das sei pietätlos.
Also, ich bin gespannt, was die Bestatterweblog-Leser so darüber denken.

Btw war ich auch ein bisschen erstaunt darüber, dass der Papst noch in diesem Zustand so offfen herumgetragen wurde – er sah ja nun wirklich nicht mehr frisch aus, um das mal so zu sagen. Wie ging es wohl den Trägern? Der Geruch war ja vermutlich auch nicht besonders gut.

Es gibt keine katholischen Erfindungen, das war alles schon mal da.
Auch das offene Aufbahren gibt es in vielen Kulturen und das auch schon vor dem Christentum.

Daß der Papst offen herumgetragen wird, hat u.a. auch den Grund, dem anwesenden Kirchenvolk im direkten Augenbeweis zu zeigen, daß der Papst wirklich verstorben ist.
Sich ein persönliches Bild davon zu machen, auch mit der Kamera, ist durchaus legitim. Bei uns gilt das als verpönt, jedoch ist das Ansichtssache. Das Abnehmen einer Totenmaske usw. gilt hingegen als etwas Besonderes und Edles.
Ich finde nichts Schlimmes dabei, auch Bilder von Verstorbenen zu machen. Der Tod gehört zum Leben und diesen Zustand kann man durchaus auch fotografieren.

Aus dem Grund finde ich es auch nicht „krank“, wenn Touristen, vor allem aus streng katholischen und sehr frommen Gebieten, Fotografien machen, um evtl. daheim ihrer Familie oder Gemeindemitgliedern das Ereignis auf diese Weise zu vermitteln.
Krank finde ich hingegen, wenn Leute sich bei Unfällen, Straftaten o.ä. hinstellen und mit ihrem Handy Fotos der teils verstümmelten Leichen machen und dann mit „lustigen“ Kommentaren in den das Wort „krass“ nicht fehlen darf, ins Netz stellen bzw. herumschicken.

Das Fotografieren auf Friedhöfen ist ein sehr spannendes fotografisches Thema.
Du mußt Dich damit abfinden, daß vor allem in Deutschland eine gegen Dich gerichtete Kritik oder ein Hinweis auf bestehende Bestimmungen oder die an sich ja unfaßbare Pietät nicht den Sinn hat, Dich auf ein Fehlverhalten hinzuweisen, Schaden abzuwenden oder Rechtsgüter zu schützen, sondern allein der inneren Befriedigung des Kritisierenden und Meldeeifrigen dient, der seinem Mitmenschen sein Tun nicht gönnt.

Überhaupt ist das Fotografieren von Menschen in besonderen Situationen ein ganz außerordentlich interessantes fotografisches Thema.
Menschen in Krankheit, Tod und Trauer bieten hochinteressante Motive, die auch zu allen Zeiten gezeichnet, gemalt und fotografiert wurden.
Eines der Bücher, an dem ich zu einem sehr kleinen Teil mitgewirkt habe (und das leider seit den 90er Jahren vergriffen ist) trug den Titel „Ihr müßt doch diesen Leib verwandeln“. In diesem Werk hat der Fotograf Werner Schlaghecken sehr eindrucksvolle Fotos dieser Art veröffentlicht.

Wie erwähnt halte ich es überhaupt nicht für schlimm, Tote zu fotografieren. Es kommt selbstverständlich immer auf die Beweggründe an.

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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 6. Dezember 2016 | Peter Wilhelm 6. Dezember 2016

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15 Kommentare
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sonne
11 Jahre zuvor

dann schau dir doch einmal das buch „noch einmal leben vor dem tod“ an, von beate lakotta und dem fotografen walter schels. sie haben wochenlang schwerstkranke begleitet und mit ihrem einverständnis bilder von ihnen gemacht, vor und nach ihrem tod. die bilder, die nach dem tod entstanden sind, sind frei von schmerzen und qual……sehr friedvoll. kann ich dir sehr empfehlen.

Smilla
11 Jahre zuvor

Abraxa hat nicht geschrieben, dass die offene Aufbahrung von Toten eine katholische Erfindung sei. Sie schrieb katholische Tradition. Das ist was anderes und da hat sie vollkommen Recht. Bei Unfallopfern und schlimm gezeichneten Toten, die nicht mehr hergerichtet werden können oder wenn die Angehörigen dies nicht wünschen, wird darauf verzichtet. Sonst ist das usus. Fotografien von Toten habe ich schon sehr alte gesehen, das scheint es auch immer schon gegeben zu haben, nur ging man damit nicht hausieren. Es werden auch Filme von Beerdigungen gemacht und Fotos, meist auf Wunsch der Angehörigen, weil sie wissen wollen, wer alles dabei war -ein sehr wichtiger Aspekt, weil sich daraus gesellschaftliche Verpflichtungen ergeben. Oft sind die Angehörigen so in Trauer (und oder Sedativum), dass sie die Beerdigung nicht mitkriegen und sie wollen vielleicht auch noch wissen, was der Pastor denn gesagt hat. Das ist auch gesellschaftlich relevant. Nun geht nicht jeder mit diesen Bildern danach hausieren oder möchte in jeder Situation fotografiert werden. Das sollte man einfach respektieren. Nicht jeder möchte noch sein Grab googlen können und das… Weiterlesen »

11 Jahre zuvor

Sich ein Bild von verstorbenen Menschen zu machen ist doch ebenfalls uralte Tradition. Totenmasken gibt es in zig Kulturen, seit Tausenden von Jahren. Deshalb finde ich das nicht schlimme, sondern wenn es gut gemacht ist, eine würdige Erinnerung.

ein anderer Stefan
11 Jahre zuvor

Grundsätzlich ist es sicher so, dass auch das Abbilden von Toten Teil der Erinnerungskultur ist und auch zur Trauerbewältigung gehört. Die Grenze zur Schaulust oder Sensationsgier ist allerdings schwierig zu ziehen. Die Veröffentlichung von Bildern Toter, die nicht auf öffentlichem Interesse beruht, ist allerdings mE nicht mehr in Ordnung. Beim Papst kann ich es noch nachvollziehen. Angeblich haben ja Paparazzi noch auf die sterbende Lady Di draufgehalten, das geht über jedes Maß weit hinaus.
Eine heute seltsam anmutende Art des Umgangs mit Toten ist z.B. der Umgang mit „Schillers“ Schädel oder die Aufbewahrung von Einsteins Gehirn (wobei letzteres illegal war). Ist das noch Erinnerungskultur oder Sensationslust, gepaart mit „wohligem Erschauern“?

11 Jahre zuvor

Ich habe vor einer Weile einen Bildband angesehen, in dem ein Fotograf Menschen vor und nach ihrem Tod fotografiert hat. Die Bilder waren faszinierend, meistens sehr schön und äußerst pietätvoll. Leider weiß ich nicht mehr, wie das Buch hieß, falls es jemand weiß, bin ich für den Titel dankbar.

Ich denke: Nicht das Fotografieren an sich ist pietätlos oder pietätvoll. Es kommt wie üblich sehr stark auf die Intention an und darauf, was jemand mit den Fotos abbilden und anschließend tun möchte.

In einer Kiste mit alten Fotos aus dem Haus meiner verstorbenen Großeltern fand sich auch ein Bild von einem aufgebahrten Familienmitglied. Als ich es als Teenager zum ersten Mal gesehen habe, fand ich es schockierend. Inzwischen bin ich froh, dass es da ist. Es hat mir in gewisser Weise geholfen, ein wenig Scheu vor dem Tod abzubauen, auf einem so authentischen und für mich bedeutsamen Foto einen toten Menschen zu sehen, der liebevoll hergerichtet und aufgebahrt ist.

Liebe Grüße,
Stjama

Reply to  Stjama
11 Jahre zuvor

Danke Sonne, das Buch meine ich auch. (Manchmal hilft es, vor dem Kommentieren die schon bestehenden Kommentare zu lesen. Sorry!)

sonne
Reply to  Stjama
11 Jahre zuvor

hihi…gerne 🙂

turtle of doom
11 Jahre zuvor

Als mein Grossvater tot auf dem Bett lag wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, ihn zu fotografieren.

Ich wollte ihn so bewahren, wie ich ihn kannte – wenn ich ein Foto von ihm sehen will, dann bitte als lebendigen Mensch. Aber auch diese Fotos bergen eine Gefahr. Das fotografische Abbild ist so perfekt, dass es meine eigenen Erinnerungen zu verdrängen vermag. Denn ich habe eine grosse Freude daran, mir ihn vorzustellen – wie er vom Sessel aufsteht, wie er ein Buch holt, wie er mit mir spazieren geht…

…so habe ich meinen toten Grossvater mit schwarzer Füllfeder in einem Notizbuch gezeichnet.

Christina
11 Jahre zuvor

Auch ich fotografiere gerne auf Friedhöfen, am liebsten auf alten, etwas „verwunschen“ wirkenden Friedhöfen (oder solchen Friedhofsteilen) die Statuen. An den Statuen habe ich das manuelle Fokussieren gelernt, weil die selten wackeln. 🙂 Allerdings würde ich NIE auf die Idee kommen, am Grab Trauernde oder gar eine Beisetzung oä zu fotografieren. Wenn ich als mit Kamera aufm Friedhof unterwegs bin, und irgendwo Trauernde rumstehen, gehe ich idR aus diesem Teil des Friedhofes weg. Tote hingegen würde ich nicht fotografieren. Fremde Tote sind witzlos. Als vor rd einem halben Jahr mein Vater gestorben ist, habe ich es nicht hinbekommen, ihn nochmal anzuschauen, hab ihn lieber so in Erinnerung, wie er zu Lebzeiten war. Übrigens, bei der Urnenbeisetzung meines Vaters (November 2011) hatten wir einen recht jungen, zuvorkommenden Friedhofs-Menschen, der im Vorfeld (bevor wir als Familie am Grab eintrafen) schon alles vorbereitet hatte: es war ein Podest mit Tuch darauf da, auf dem die Urne stand. Für meine stark gehbehinderte Mutter hatte er einen Stuhl am Grab aufgestellt. Er zeigte (vor Eintreffen meiner Mutter) mir die innere… Weiterlesen »

hajo
11 Jahre zuvor

„Krank finde ich hingegen, wenn Leute sich bei Unfällen, Straftaten o.ä. hinstellen und mit ihrem Handy Fotos der teils verstümmelten Leichen machen und dann mit “lustigen” Kommentaren in den das Wort “krass” nicht fehlen darf, ins Netz stellen bzw. herumschicken.“
.. oder gar an das Blatt mit den vier Großbuchstaben – als „Leserreporter“ – schicken ..

Big Al
Reply to  hajo
11 Jahre zuvor

Stau auf der Gegenfahrbahn durch Neugierige. Wie ich das hasse.

Anne
11 Jahre zuvor

Hallo, vor zwei Jahren ist mein Opa verstorben, am Vortag der Beerdigung war er offen aufgebahrt, sodass wir alle nochmal Abschied nehmen konnten. Wir haben uns als Familie dort zusammen getroffen und haben zusammen Abschied genommen. Allerdings konnte auch jeder allein zu ihm. Ich finde es ganz normal sich noch ein letztes Mal „persönlich“ von einem Verstorbenen verabschieden zu können. Leider ist meine Oma körperlich nicht mehr in der Lage mit auf den Friedhof zu kommen oder in der kleinen Friedhofshalle Abschied zu nehmen und so hat mein Vater Fotos für sie gemacht, damit sie auch bildlich Abschied nehmen konnte. So hat sie ihren Ort zum trauern immer bei sich. Es war ihr Wunsch und den haben wir ihr gern erfüllt. Die Beerdigung an sich haben wir nicht festgehalten. Dafür war es nicht der richtige Rahmen. Nachdem das Dorf gegangen war (rund 120 Leute) und viele zum Kaffeetrinken gingen, hat mein Papa allerdings noch Bilder von der Grabstätte und den Blumenkränzen gemacht, damit Oma ein wenig „mitbekommt“ wo Opa genau liegt und wie es dort… Weiterlesen »

11 Jahre zuvor

Was ich persönlich furchtbar finde, sind laszive Mädels (seltener Jungs), die sich auf (!) Gräbern räkeln (nicht auf Bänken davor oder sonstwas) und meinen, das habe einen romantischen und künstlerisch hochwertigen Anspruch… (Gräber von Fremden, wohlgemerkt.)

Denn da kann ich den meisten nur zustimmen: Es kommt auf die Art an.

Bernd
11 Jahre zuvor

Es ist immer eine Sache der Ansicht und des Abstandes, was man fotografiert.

Ich fände es durchaus „merkwürdig“ auf einem Friedhof eine fremde Beerdigung zu fotografieren.
In einem anderen Land/Kultur jedoch fände ich es durchaus spannend diese Fremdartigkeit festzuhalten.

Ja, das ist widersprüchlich, aber ich glaube so geht es vielen, grade auch eingefleischte Fotografen, die etwas festhalten und bewahren wollen.

Bei einem Fotokurs vor einigen Jahren, haben wir auch an einem Termin auf einem Friedhof im Odenwald fotografiert. Mir wurde dann ganz anders, als ich sah, dass einer der Teilnehmer auf einem Grab stand um etwas zu fotografieren.
Es war ein gekiestes oder mit Platten belegtes Grab also er hat nichts kaputgemacht.
Später haben wir darüber gesprochen, er war sich keiner Schuld bewusst. Er war in Kanada aufgewachsen und erzählte, dass dort die Grabsteine meist auf einem Rasen stehen und man dann über/auf dem Sarg steht, wenn man vor dem Grabstein betet. Deswegen fand er das völlig normal ein Grab zu betreten.
Tja, anders sozialisiert und schon sieht man etwas völlig anders.

11 Jahre zuvor

ich denk da nur an Lenin welcher seit Jahrzehnten offen auf gebahrt wird damit sich die Leute ein Bild von ihm machen können und ihn in Erinnerung behalten können. Vom ihm werdden mit Sicherheit auch oft Fotos gemacht. Zwar kann es auch sein das die Fotos verboten sind wegen des Blitzes aber es zeigt zumindest das auch in Russland lange aufgebahrt wird (Lenin wollte den Totenkult eigentlich gar nicht)




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