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Frag den Bestatter

Soll man beim Bestatter einen Talar nehmen?

Durch die Themenwoche in der ARD im vergangenen November bin ich jetzt ins Zweifeln gekommen, ob man für einen Toten ein Sterbehemd nehmen soll. Als ich mit meinem Mann beim Bestatter war, hat der das wie selbstverständlich auf den Zettel geschrieben. Er hat gesagt gesagt man kann auch eigene Kleidung nehmen aber das könne man dann immer noch entscheiden. Was ist denn am Talar schlecht? Z.B. Fritz Roth hat gesagt, er würde aus dem Sarg springen, wenn man ihm so was anziehen würde.

Es ist durchaus möglich, Verstorbene in eigener Kleidung zu bestatten. Das war schon immer so und das wird hoffentlich auch so bleiben.
Ich finde es grundsätzlich viel schöner, wenn ein Verstorbener einen schönen Anzug oder als Dame ein nettes Kleid an hat. Auch ein Pyjama oder ein Nachthemd können durchaus angemessen sein. Ja und wenn der Verstorbene eine besondere Affinität zu irgendeiner Kleidung hatte, beispielsweise als Karnevalist zu seiner Gardeuniform oder zu einer anderen Dienstkleidung, so spricht auch nichts dagegen, ihn in dieser Kleidung zu bestatten.
Dem kommt insbesondere dann viel Bedeutung zu, wenn der Sarg noch einmal geöffnet wird und die Angehörigen den Verstorbenen noch einmal sehen.

Eine Alternative zur eigenen Kleidung sind die von den Bestattern angebotenen Talare. Wenn überhaupt, wäre das deutsche Wort Totenhemd angebracht, Sterbehemd ist nicht richtig.
Diese Talare gibt es in vielfältigen Ausführungen. Manche gleichen einfachen Nachthemden, andere sind eher Engelshemdchen und andere wirken wie normale Kleidung. Für Herren beispielsweise gibt es Talare, die den Anschein eines Anzugs erwecken, mit Jacke, Revers, Kragen, Hemd, Knöpfen und Schlips oder Fliege.
Doch gleich wie die Talare aussehen, die meisten von ihnen sind alle gleich gearbeitet. Sie sind hinten offen und haben am Kragen einen Knopf- oder Klettverschluss.

So kann man die Talare von vorne anziehen und muß den Toten dabei kaum hochnehmen.

Auch wenn ich persönliche Kleidung grundsätzlich besser finde, so gibt es doch auch Gründe, die für den Talar sprechen.
Der eine Grund liegt in den Bestimmungen der Friedhöfe und Krematorien, die vielfach nicht mehr jede Art von Stoff zulassen. Es sollten dann immer verrottbare Stoffe sein, also bevorzugt natürliche Fasern, die gut verrotten und im Krematorium bei der Verbrennung keine giftigen und vor allem nicht klebrigen Abgase erzeugen.

Dem Wunsch nach eigener Kleidung kann also vielerorts nur insoweit entsprochen werden, als daß der Verstorbene im schlimmsten Fall kurz vor der Beisetzung bzw. Einäscherung noch einmal doch in einen genehmigten Talar umgekleidet wird.
Oder aber der Bestatter muß ihn im Krematorium komplett entkleiden, weil die Arbeiter dort keine Leichen in Kunstfasern annehmen dürfen.

Ein weiterer Aspekt ist die Tatsache, daß es selbstverständlich mit einem gewissen Aufwand verbunden ist, bis man einen z.T. unbeweglichen Leichnam in einen Anzug gesteckt hat. Ein Damenkleid ist da wesentlich einfacher.
Viele Angehörige möchten auch einfach nicht, daß der Bestatter den Toten so viel herumheben und aufrichten und wenden muß.

Deshalb hat das Totenhemd durchaus seine Berechtigung. In Deutschland werden Tote so bestattet, daß sie den Eindruck eines (ewig) Schlafenden erwecken.
Dazu paßt ein nachthemdartiges Kleidungsstück meines Erachtens auch ganz gut.
Die Machart dieser Talare ist auf Bestatterbedürfnisse hin optimiert worden, damit der Leichnam möglichst wenig gehandhabt werden muß.

Andererseits ist das Tragen einer persönlichen Kleidung auch zu empfehlen. Sie kann zeigen, wie hoch die Wertschätzung für den Verstorbenen ist, sie kann besonders edel wirken und sie kann auch seine Verbundenheit zu einer bestimmte Kleidung/Tracht zum Ausdruck bringen.

Meine Empfehlung lautet daher immer: Wann immer es geht, ist eigene Kleidung zu bevorzugen, aber es spricht auch überhaupt nichts gegen ein Totenhemd.


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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 3. Januar 2013 | Peter Wilhelm 3. Januar 2013

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16 Kommentare
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Georg
11 Jahre zuvor

Bei meiner Patentante haben wir uns auch für ihr Lieblingskleid entschieden nur das vom Bestatter noch einmal angerufen wurde und sie uns baten die vergessene Unterwäsche noch vorbeizubringen irritierte uns etwas,was soll Tante denn noch mit BH und Schlüpfer anfangen???

Hildegard
Reply to  Georg
11 Jahre zuvor

Es kann ganz pragmatische Gründe dafür geben. Ich hörte von einem Fall, wo der Bestatter das Korsett der Verstorbenen anforderte, weil er sonst das mitgegebene Sonntagskleid nicht zu gekriegt hätte.

TickleMeNot
Reply to  Georg
11 Jahre zuvor

Na wenn man so argumentiert, kann die Patentante auch gleich nackt beerdigt werden.
Zur Kleidung gehört nunmal auch Unterwäsche, gerade zu Kleidern und Anzügen. Und BHs halten die Brüse in Form und das an der richtigen Stelle. Auch im Liegen.

Kirstin
11 Jahre zuvor

Wenn, wie oben erwähnt, die Toten dann doch in einigen Fällen wieder entkleidet werden im Krema.
Was passiert dann mit der Normalen Kleidung?

BlackBudgie
11 Jahre zuvor

Als meine erste (die ältere von beiden) Omma verstarb, entschied man sich für einen Talar, weil sie sich als strenggläubige Katholikin eine Erdbestattung gewünscht hatte [und weil dieser Talar den Vorschriften entsprach].
Als meine zweite Omma verstarb, entschied man sich für eine Feuerbestattung und sie trug ’nur‘ ihr Nachthemd (es war ein schönes Nachthemd).
Ehrlich gesagt wäre mir eigene Kleidung viel lieber (ein schöner, schwarzer Anzug zum Beispiel), das hat eine so schöne, persönliche Note. Aber wenn es nicht anders geht und es ein Talar sein MUß…naja, dann muß es eben so sein.

Akira
11 Jahre zuvor

@ Kirstin

Soweit mir das bekannt ist, werden die Toten nach der zweiten Leichenschau in aller Regel nicht wieder angezogen. Sie kommen in den meisten Fällen wohl nackt in den Sarg zurück. Sollte es sich bei der Kleidung des Toten um „zulässige“ Kleidung handeln, wird diese entweder über den Leichnam gelegt oder am Fußende des Sarges verstaut. „Unzulässige“ Kleidung wird von den Krema-Mitarbeitern entfernt.
Aus diesem Grunde ist auch der Talar bei einer Kremation der privaten Kleidung vorzuziehen. Den kann man hochklappen, die Leichenschau durchführen und dann wieder runterklappen vor der Wiedereinsargung.

Kirstin
Reply to  Akira
11 Jahre zuvor

Die Frage war eher gemeint, WAS passiert dann mit der Kleidung? Ich kenne keinen Fall wo die Hinterbliebenen angerufen werden um die Kleidung abzuholen.
Also in dem Falle ist gemeint, wenn laut Krema Vorschrift keine Kleidung verbrannt werden kann.

Akira
Reply to  Kirstin
11 Jahre zuvor

Ich vermute mal, das geht dann in die Altkleidersammlung.

Chris
Reply to  Akira
11 Jahre zuvor

…bei einem großen Krematorium wäre auch verkaufen drin – gibt derzeit etwa 400 € pro Tonne.

Ansonsten wegschmeißen – die Müllverbrennungsanlage verbrennt ALLES…

Kirstin
Reply to  Chris
11 Jahre zuvor

Ist es dann nicht Beschiss?
Ich meine nun nicht finanziell, aber moralisch. Da die Hinterbliebenen doch immer denken werden der verstorbene sei in seiner Kleidung verbrannt worden.

Hmmmm … Gibt einem schon zu denken irgendwie.

Reply to  Kirstin
11 Jahre zuvor

Die Leute müßten nur Bestatterweblog lesen, dann wüßten sie, was mit den Hinterlassenschaften der Verstorbenen passiert.
Die Kleider werden übrigens nicht der Altkleidersammlung zugeführt, sondern vernichtet.
Es ist ja nicht ausgeschlossen, daß der Verstorbene an einer ansteckenden Krankheit litt. Überdies werden nicht alle Altkleider -wenn auch die meisten- zerfasert und zu Industrierohstoffen, manche werden tatsächlich aussortiert und landen in Kleiderkammern oder profan auf dem afrikanischen Markt.
Und die Kleidung von Toten will man ja nun nicht wirklich irgendwem noch andrehen.

Chris
11 Jahre zuvor

weden 99% der Krematorien auch so machen – aber es wäre doch denkbar, dass da ein Mitarbeiter beim Textilverwerter mit zwei Tonnen Klamotten vor der Tür steht – „aus Wohnungauflösungen…“ – und jetzt fix in Urlaub, gute Reise und gute Erholung!

Bestatter von Beruf
11 Jahre zuvor

Bei uns kommt die Kleidung in der der jenige Verstorben ist in eine Graue Tonne neben der Friedhofskapelle.

Aber das man einen Verstorbenen Aufrichten muss um ihn anzuziehen ist mir neu. Normalerweise macht man die Hände des Verstorbenen in die Ärmel, dann zieht man das Hemd über den Kopf des Verstorbenen und zieht es soweit runter wie es geht, dann legt man den Verstorbenen auf die Linke und Rechte
Seite und zieht es dann ganz bis zum Bauch runter.

Bei der Hose macht man das gleiche, die Beine anheben und die Hose soweit runterziehen wie es geht, dann den Verstorbenen nach Links und Rechts drehen und dabei die Hose immer höher ziehen bis sie richtig sitzt.

Smilla
Reply to  Bestatter von Beruf
11 Jahre zuvor

Also ehrlich, jetzt so nach Weihnachten- machen wir das nicht alle so? Abgesehen davon, dass wir uns dann noch rücklings aufs Bett robben und selbst an der Hose ziehen, aber die Technik ist mir nicht fremd. 🙂

Julie98
11 Jahre zuvor

ich bin an Krebs erkrankt und werde nur noch einige Monate haben. Ich habe mich in den vergangenen Wochen und Monaten viel mit dem Tag beschäftigt, wenn es soweit sein wird.

Auch, wie ich mir meine Beerdigung vorstelle. Ich möchte in einem Totenhemd beerdigt werden.
Das genügt, ich halte es für Verschwendung, noch eigene Kleider mitzunehmen.
Meine Sachen sollen dann verschenkt werden, an Freundinnen oder bedürftige Kinder.

Doc Cox
11 Jahre zuvor

Ich kann nur meine persönliche Erfahrung schildern, da meine Mutter in einem Totenhemd bestattet wurde und ganz ehrlich sie sah darin aus wie ein Gespenst ich fand es persönlich grauenvoll was viele in der Familie ähnlich sahen (naja wenn der Alte so will dann fügen wir uns) und würde es nicht wieder so machen das verfplgt mich heute noch ich finde den Anblick dieses gruseligen Totenhemdes muss man den Anghörigen neben der Trauer auch noch antun so finde ich.




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