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Das Grab ist verschwunden

Das Arbeitswochenende hatte ich unter anderem dazu benutzt, um auch nach dem Grab meiner Eltern zu schauen.
Kleiner Schreck und dennoch große Erleichterung: Das Grab ist weg!

Die Laufzeit des Grabes war 20 Jahre nach der letzten Bestattung bereits 2006 abgelaufen, das wußte ich und darüber hatte mich die Friedhofsverwaltung ordnungsgemäß informiert.
2007 war das Grab aber noch da und auch 2008 konnte der Gärtner noch Pflanzen draufstellen.
Das kommt daher, weil die Verwaltung nicht unbedingt einzelne abgelaufene Gräber zwischendrin „plattmacht“, sondern abwartet, bis auch das letzte Grab in einem solchen Feld abgelaufen ist.
Anhand der Grabsteine konnte ich sehen, daß das in diesem Jahr soweit sein würde, hatte aber noch die Hoffnung, es doch noch vorzufinden. Aber wie schon fast befürchtet war es doch weg.

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Tja, so ist das eben. Das Grab liegt weit weg von hier, ich kann mich nicht selbst darum kümmern und der Gärtner kostet natürlich auch jedes Jahr Geld.
Natürlich ist es ein merkwürdiges Gefühl, wenn so eine Grabstätte, auch wenn man sie nur einmal im Jahr besuchte, verschwunden ist und nur noch eine grün Wiese vorzufinden ist.

Aber auf der anderen Seite ist mir da eine Last von den Schultern genommen, ich kann dieses Kapitel aus dem Kopf streichen. So ein weit entferntes Grab, das man im Grunde nur für irgendwelche Leute unterhält, das ist auch ein kleines bißchen eine Last. Mit „irgendwelche Leute“ meine ich Bekannte, Freunde und Nachbarn meiner Eltern, die sehr auf so etwas achten.

Die Abräumung des Grabes hatte ich schon vor Jahren organisiert. Der Steinmetz holt die große Grabplatte und kümmert sich im Gegenzug um den Rest.

Es ist schön, eine Stelle zu haben, an der man trauern kann, doch nach über 20 Jahren empfinde ich keine Trauer mehr. Mit meinen Ahnen verbindet mich ein Erinnern, ein ehrendes Andenken und die vielen schönen Erlebnisse bewege ich in meinem Herzen. Und in meinem Herzen habe ich noch so viele freie Plätze für alle möglichen Toten, die macht mir keine Verwaltung streitig und die laufen niemals ab.

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Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 28. Mai 2012 | Peter Wilhelm 28. Mai 2012

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guggug
14 Jahre zuvor

[quote]Es ist schön, eine Stelle zu haben, an der man trauern kann, doch nach über 20 Jahren empfinde ich keine Trauer mehr. Mit meinen Ahnen verbindet mich ein Erinnern, ein ehrendes Andenken und die vielen schönen Erlebnisse bewege ich in meinem Herzen. Und in meinem Herzen habe ich noch so viele freie Plätze für alle möglichen Toten, die macht mir keine Verwaltung streitig und die laufen niemals ab.[/quote]

-sign-

Pina
14 Jahre zuvor

finde ich sehr schön geschrieben. Und es ist doch auch „nur“ ein Grab. Das wichtigste hat man nunmal als Erinnerung.

Thomas
14 Jahre zuvor

@1 Jaja es ist warm.

Matze65
14 Jahre zuvor

Na, die Temperatur hat damit wenig zu tun, denke ich…
Schön formuliert hat Tom hier einen Satz, den vermutlich viele sich ebenso denken, aber nicht ebenso formulieren hätten können. Mir geht’s übrigens auch so…

14 Jahre zuvor

„Und in meinem Herzen habe ich noch so viele freie Plätze für alle möglichen Toten, die macht mir keine Verwaltung streitig und die laufen niemals ab.“

Das ist für mich der Satz des Tages! :‘)

14 Jahre zuvor

*summt don’t feed the troll zur melodie von der hahn ist tot*

kein kommentar

14 Jahre zuvor

@ charlotte sometimes: Tausend Dank für den Ohrwurm, der mich bestimmt noch bis morgen Abend verfolgen wird… xD

Jens
14 Jahre zuvor

Danke, Tom.
Meine geliebte Mutter liegt dieser Tage auf der Intensivstation und niemand weiss, ob sie da heil wieder rauskommt.
Ich bin 35 und meine Mum 63. Zu früh für beide, Abschied zu nehmen!

Ich hoffe, ich trete dir damit nicht zu nah – aber zu lesen, dass Tom auch schon selbst getrauert hat um seine Eltern, nimmt mir ein bisschen die Angst vor dieser ganzen Situation. Habe ich doch nach Jahren des Mitlesens hier wirkliche Hochachtung vor dir und meine Angst vor dem Unvermeidlichen ist durch deine tollen Geschichten etwas entschärft worden.

Danke!

MacKaber
14 Jahre zuvor

Wir kamen nach der Wende nach Holzweißig und suchten ohne große Erwartung nach dem Grab meines Großvaters. Es war ja schon lange abgelaufen.
Zuvor hatte ich es noch nie gesehen. Wie groß war die Freude, die Grabplatte unter Urwaldgestrüpp tatsächlich gefunden zu haben. Einen ganzen Nachmittag bis zum Abend haben wir zu sechst Intensivpflege betrieben und auch die Buchstaben neu ausgemalt. Es hatte noch fünf Jahre weiter Bestand, bis dieser Friedhofsteil aufgelöst wurde.




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