DIREKTKONTAKT

Geschichten

In der Psychiatrie XVI

orgel

Nun ist auch Martins Motorroller aus der Garage verschwunden. Frau Berg ist ganz verzweifelt und obwohl die alte Dame doch so resolut und durchaus nicht auf den Mund gefallen ist, wird ihr das alles jetzt langsam zuviel.
Es ist ja nicht so, daß ich jeden Tag mit Frau Berg oder gar Susanne spreche, auch ich bin manchmal allein auf Hörensagen angewiesen und bei Geschichten, die mir die Gemüsefrau oder der Briefträger erzählen, da bin ich lieber vorsichtig.

Mal ein Beispiel: Ich bin im Einkaufszentrum, um noch eine Zeitschrift zu kaufen und beim Rausgehen sehe ich im Café neben der „Backinsel“ die Gemüsefrau sitzen. Mittwochs hat die ja nachmittags zu und nach alter Tradition fährt sie dann mit dem Fahrrad durch die Gegend, um „einzukaufen“. Naja, in Wirklichkeit besucht sie nur die anderen Geschäftsinhaber, die mittwochs nicht geschlossen haben, um mit denen ein Schwätzchen zu halten. Am Einkaufszentrum hat ihr aber jemand das altersschwache Fahrrad geklaut und nun wartete sie dort auf den Bus.

Ob ich sie denn mitnehmen könne, fragte sie mich und ich winkte ihr nur freundlich und zustimmend zu.
Wenig später fuhren wir dann durch unseren Stadtteil und an einer Kreuzung stand ein mir vollkommen unbekannter Mann mit einem Zopf an einer Ampel und winkte freundlich ins Auto.

„Kennen Sie den?“ erkundigte ich mich und die Gemüsefrau schüttelte heftig den Kopf: „Nee, den kenn ich nicht, das ist der Wirt von der „Krone“ da gehen wir manchmal hin, den kennen wir gut.“
Sagte ich schon, daß die großbusige Klatschtante zwar ein hochinformatives Mundwerk, aber ein Gehirn von der Leistungsfähigkeit eines Fischerdübels hat?

Soweit so gut, sie kennt den Mann nicht, kennt ihn aber doch und es ist der Kronenwirt.
Eigentlich hätte das Thema abgeschlossen werden können.
Doch dann sagt sie: „Aber Ihre Frau müßte den kennen, die war ja mal mit dem zusammen.“

Ich weiß nun ziemlich genau, mit wem meine Frau in jungen Jahren mal befreundet war und wenn der Kronenwirt dazu gehört hätte, wüßte ich das. Nun muß ich kurz erzählen, daß es in unserem Bekanntenkreis einen Rocker gibt, der aus irgendwelchen Gründen „Batman“ genannt wird und ebenfalls einen Zopf hat. Nun behauptet also die Gemüsefrau weiter: „Der Kronenwirt wird ja auch Batman genannt und mit dem war Ihre Frau doch lange zusammen, auch noch als sie schon verheiratet waren.“

Ehedrama, Scheidung!

Wirklich, wäre man so doof wie die Gemüsefrau, könnte man ja jetzt völlig falsche Schlüsse ziehen. Doch ich nehme sie nicht ernst, bohre nochmals nach und dann kommt: „Der Batman heißt doch Henry, oder?“

„Nö, der heißt in Wirklichkeit Jochen“, sage ich und dann löst sie das Rätsel: „Ach ja stimmt ja, ich verwechsel den immer, dann war das nämlich auch nicht ihre Frau, sondern die Schlampe vom Nagelstudio, die treibt es doch mit jedem…“

Na prima.

So kommt es auch, daß ich, was die Autos anbetrifft, die Martin noch bestellt und bezahlt hatte, nicht auf dem Laufenden war. Susanne und Martin hatten zwei Autos und jetzt weiß ich von der alten Frau Berg endlich genau, wie das war. Das eine dieser Autos, nämlich Susannes, erfüllte die Bedingungen für die Abwrackprämie und der andere, nämlich Martins, tat das nicht.
Der kleine von Susanne lief auf ihren Namen und der große Wagen auf Martins. Sie haben immer darauf geachtet, daß Susanne nur ein altes, kleines Auto hat, damit da keine Begehrlichkeiten seitens der Gläubiger aufkommen konnten.

Um jetzt die Abwrackprämie zu bekommen und weil sie ja zwei Autos kauften, mußte einer der Neuwagen für genau einen Tag auf Susanne zugelassen werden. Nur wenn sich derjenige, der ein Auto zum Abwracken bringt, auch ein neues kauft, gab es ja die Prämie. Nach einem Tag sollte das Auto dann auf Martin umgemeldet werden, denn wir wissen ja: die Begehrlichkeiten der Gläubiger…
So, und genau das hat Susanne nicht gemacht, denn durch Martins Tod meinte sie, das sei alles hinfällig und hat das Auto einfach auf Hardys Mutter umschreiben lassen. So steht es ihr noch zur Verfügung, gehört aber offiziell jemand anders…
Dabei handelt es sich um den größeren Wagen, den Martin eigentlich für sich gedacht hatte. Den kleineren, ebenfalls neuen Wagen für Susanne, der sowieso auf Martin zugelassen war, hat sie clevererweise von einem Zulassungsdienst auf sich selbst umgemeldet und… ach das erzähl ich gleich.

Es ist ziemlich verwirrend, welches Auto da für wen war und welches Auto auf wen umgemeldet worden ist, das mußte ich auch erst einmal sortieren und verstehen.
Das mit dem Zulassungsdienst ist nämlich deshalb clever, weil solche Zulassungsdienste professionell einen ganzen Stapel von Papieren beim Sonderschalter vorlegen und meist auch etwas zügiger abgefertigt werden. Im Zuge dieser Abfertigung ist das Auto dann einfach von Martin auf Susanne umgeschrieben worden.
Wäre sie mit den Papieren hier aufs örtliche Rathaus gegangen, dort wird das nämlich auch gemacht, dann hätte die Dame vom Amt aber im Zweifelsfall nach einem Erbschein gefragt…

Kommen wir zurück zum kleinen Wagen. Es ist mir nicht ganz klar, warum sie das Auto unbedingt auf sich ummeldete, aber vielleicht liegt der Grund darin, daß sie sichergehen wollte, daß ihr den niemand mehr wegnimmt. Inzwischen ist das Auto bei einem bekannten Internetauktionshaus weit unter Preis versteigert worden.

Schon vor einigen Tagen habe ich Frau Berg zu ihrem Anwalt gefahren und der hat Susanne einen Brief geschrieben, sie habe die Fahrzeuge unverzüglich wieder auszuhändigen oder den entsprechenden Betrag auf Martins noch existierendes Konto zu überweisen. Es gab auch eine Fristsetzung, die Frist ist aber verstrichen, nun muß man sehen, wie es weitergehen wird.

Noch hat Susanne den einen oder anderen Karton mit Hab und Gut im Keller stehen und wenn sie mit Hardy kommt, um davon etwas zu holen, ruft Frau Berg immer Martins Schwester und deren Mann zur Unterstützung. Hardy darf das Grundstück nicht betreten und muß immer vor dem Tor warten. Susanne schleppt dann ganz alleine raus, was sie mitnehmen will.
Ja, aber ihr gehöre auch noch etwas von den Sachen im ehemaligen gemeinsamen Schlafzimmer, forderte sie und brachte damit die Kette der Aufpasser durcheinander.
Schnell war sie im Haus verschwunden und Martins Schwester und der Schwager sausten ihr hinterher, um sicherzustellen, daß sie sonst nichts mitnimmt. Und genau diesen Moment muss Hardy abgepasst haben, um den Piaggio-Roller aus dem Schuppen zu schieben. Aufgefallen ist das zunächst keinem.

Erst zwei Tage später kam dann der Anruf von Frau Berg und sie sagte: „Ich hätte schwören können, daß da doch ein Roller gestanden hat.“
Nun gibt es über diesen Roller keine Papiere, er war lange nicht mehr versichert und angemeldet und ich weiß nicht einmal was für ein Typ das genau war. Ein roter Piaggio-Roller…

Ich glaube, langsam ist es an der Zeit, daß man mal mit gleichen Methoden zurückschlägt. Soviel Dreistigkeit ist mir noch nie untergekommen.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

keine vorhanden

Geschichten

Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 19. Mai 2015 | Peter Wilhelm 19. Mai 2015

Lesen Sie bitte auch:


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
17 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
nada
14 Jahre zuvor

Da bin ich ja mal gespannt…
wie lange wir diesmal warten müssen 😉
Klingt auf jeden Fall spannend.

Reader
14 Jahre zuvor

Zitat:
„Ach ja stimmt ja, ich verwechsel den immer, dann war das nämlich auch nicht ihre Frau, sondern die Schlampe vom Nagelstudio, die treibt es doch mit jedem…“

Du solltest von der ganzen Geschichte auch immer die Version der Gemüsefrau veröffentlichen…

göttlich

14 Jahre zuvor

Wenn ich solche Sachen lese, dann weiß ich immer warum man sich nicht zu sehr mit den Menschen beschäftigen sollte.
Ich arbeite als Bestattungshelfer in einer Kleinstädtischen Pietät, aber ausschließlich im technischen Bereich.
Auto fahren, die Verstorbenen abholen, zurecht machen, einsargen.
Kein Telefondienst, keine Beratungen, nur begrenzten umgang mit Angehörigen.
Deshalb bin ich froh, das es Menschen wie Dich gibt, dann können Leute wie ich schön im Hintergrund bleiben.

14 Jahre zuvor

Schlägt man mit gleichen Methoden zurück hat man bei solchen Leuten schneller eine Anzeige als man denkt. Auch wenn die den IQ von gekochtem Gemüse haben, „Anwalt“ und „Polizei“ können die immer.

Lemonhead
14 Jahre zuvor

die Schlampe vom Nagelstudio, die treibt es doch mit jedem…

nagelstudio… geiler name für´n puff 😛

14 Jahre zuvor

Ich persönlich finde, dass die Geschichte langsam ins Wirre und Belanglose abdriftet. Die ersten Folgen fand ich ganz interessant und spannend geschrieben, zuletzt zog es sich doch immer mehr in die Länge. Vielleicht sollte man das ganze etwas straffen.

hajo
14 Jahre zuvor

Aber hallo, Tom, ein Fischerdübel ist doch eine extrem intelligente Sache mit hoher (Zug-) Leistung! 😉

Mr. Pfefferkuchen
14 Jahre zuvor

Ich bin ja nun wirklich kein Befürworter von Gewalt, aber wenn ich so etwas lese juckt es mir doch schon in den Fingern! Bei den beiden perlt der Realitätssinn doch ab wie Kondenswasser von ner Bierflasche.

14 Jahre zuvor

So langsam, ganz langsam, scheint mir, das Susanne und Hardy auch Dumm genug sind, um Atropos auf dem Piaggio mitfahren zu lassen. Manchal braucht man nur etwas Geduld und Niemanden, der zurückschlägt. 😉

jemand
14 Jahre zuvor

Einfach ein paar Schauspieler anheuern, denen sagen, sie sollen eine auf Gang machen und bei Susanne und Hardy vorbeischauen. Dann sollen die sagen, dass Martin für sie was aufbewahrt hat und das das im Roller zu finden ist. Sagen wir so 20 kg reines Heroin? Und wenn die das nicht finden, dann werden die schon verschwinden. Bei Bedarf und Verfügbarkeit evtl echte Gang verwenden.

Al
14 Jahre zuvor

Nagelstudio vs. Puff: Gibts schon! Als „Nagelstudio“ deklarieren und hinterher einen Puff draus machen und aus der Nutzungsänderung den Nachbarn einen Strick drehen und deren Aktivitäten behindern: http://www.inka-magazin.de/clubkultur/artikel/konzertstopp-im-crazy-kong.html

Anita
14 Jahre zuvor

Die Sachen vorher koennen alle irgendwie halblegal ausgelegt werden, aber das ist ganz klar Diebstahl.
Anzeige. Gut.

Winnie
14 Jahre zuvor

@ Tom [quote=“Tom“]Soviel Dreistigkeit ist mir noch nie untergekommen.[/quote]
Ja da sachse ma wat. Noch einige solche Verzögerungen und Du kannst den Beitrag in „In der Psychiatrie-2 I – XX“ erweitern. ICh bin dann das Opfer, weil ich es nicht mehr erwarten konnte wie es denn nun endlich weiter geht. Was ist eigentlich mit Henning und Olugulade? Nichts Weiteres gehört?

B3rT
14 Jahre zuvor

Gibt es hierzu eigentlich noch eine Fortsetzung?

Jean
13 Jahre zuvor

Kommt da gar nichts mehr? Susanne und ihr Hardy werden am Schluss doch nicht wohl gewonnen haben? Oh bitte nicht!

lfr
12 Jahre zuvor

Hey, wie wär’s mal mit einer Fortsetzung? Und der Goldfisch steht auch noch aus!
Möchte aber eigentlich nicht nörgeln, du machst echt ein super Blog.

11 Jahre zuvor

Diese Geschichte hier lese ich allerdings zum ersten Male. Ich schließe mich meinem Vorredner an und plädiere auf Weiterführung der Geschichte.

lg




Rechtliches


17
0
Was sind Deine Gedanken dazu? Kommentiere bittex